28. März 2024

Einzelkritik: Borussias später Punktgewinn bei Bayer mit neuem System

Borussia Mönchengladbach spielte in Leverkusen erstmals über die volle Distanz im 5-3-2 System, was zur Stabilität beitrug. Dennoch war der Punktgewinn am Ende glücklich, weil die Borussen zwei Geschenke von Bayer brauchten, um ihre Tore zu erzielen. Die Einzelkritik:

Jan Olschowsky: Pflückte zu Beginn sowohl eine Freistoßflanke als auch eine Hereingabe von Wirtz sicher runter, wurde aber beim ersten Torschuss der Leverkusener im kurzen Eck von Adli getunnelt. Einen direkten Vorwurf kann man dem 21-Jährigen nicht machen, unhaltbar war das 0:1 jedoch nicht. Das 0:2 muss Olschowsky mit auf seine Kappe nehmen, als er rauskam und die Flanke nicht vor Demirbay erreichte. Kurz vor der Pause parierte er einen Schuss von Adli aus ähnlicher Position wie beim ersten Gegentor. Nach dem Seitenwechsel stand Olschowsky einige Male im Brennpunkt und klärte einmal in höchster Not im Verbund mit Friedrich gegen Frimpong. Note 4,0.

Stefan Lainer: Als rechter Mann in der Fünferkette rückte er bei eigenem Ballbesitz weit nach vorne und platzierte sich wie ein Rechtsaußen. Aus dieser Position heraus kam er nach einer ersten guten Kombination sogar in zentraler Rolle zum Abschluss, stand dabei jedoch im Abseits. Auch nach dem von Hradecky abgewehrten Hofmann-Schuss vor der Pause war Lainer in vorderster Front zu finden und versuchte im Sitzen erfolglos, den Rebound zu verwerten. Aufgrund der hohen Positionierung schaffte es Lainer nicht immer rechtzeitig zurück – so auch beim 0:1, als er Bakker zwar im Auge hatte, aber zu hoch postiert war, um Friedrich gegen Adli zu unterstützen. In den Defensivduellen hatte Lainer Mühe, biss sich aber durch. Im zweiten Durchgang gab es für Lainer ruhigere Phasen. Kurz vor seiner Auswechslung in der 86. Minute bereite der 30-Jährige mit einer starken Aktion und einer präzisen Halbfeldflanke mit links die Mega-Chance für Stindl vor. Note 3,5.

Ko Itakura: Als rechter Innenverteidiger begann er seriös und klärte u. a. per Kopf nach einer Flanke der Leverkusener. Vor dem 0:1 rückte er aus dem Verbund auf und kam anschließend nicht mehr rechtzeitig zurück, um Friedrich gegen Adli zu helfen. Das Herausrücken aus der Kette war aber wohl geplant, denn Itakura machte das im weiteren Verlauf noch mehrfach. Beim zweiten Gegentor ließ der Japaner den Torschützen Demirbay unbeachtet, zwei, drei weitere Wackler vor der Pause blieben folgenlos. Nach dem Seitenwechsel agierte der 26-Jährige solide und war auch in den kurzen Druckphasen der Leverkusener zumeist auf der Höhe. Im Spielaufbau mit über 100 Pässen – gerade zu Beginn der zweiten Halbzeit waren dabei extrem viele Sicherheits-Querpässe. Note 4,0.

Marvin Friedrich: Als zentraler Mann der drei Innenverteidiger startete er mit einer starken Grätsche gegen Diaby vor dem Gästeblock, als er gut rausgerückt war und berechtigterweise Szenenapplaus erhielt. Überhaupt hatte man in einigen Situationen den Eindruck, dass Friedrich nicht so langsam ist, wie ihm nachgesagt wird. Gleichwohl war es fatal, dass der 27-Jährige vor dem 0:1 zum nicht abgesicherten Laufduell gegen Adli genötigt wurde, bei dem er hoffnungslos unterlegen war. Beim 0:2 lief Demirbay in Friedrichs Rücken durch und nach der Pause sah der Ex-Unioner Gelb für ein Foul an Adli, nachdem er dem Tempo des Angreifers nichts entgegensetzen konnte. Friedrich hatte die meisten Ballkontakte aller Akteure (119) und erreichte eine Passquote von 99 % – allerdings mit überwiegend kurz zum Nebenmann gespielten Bällen. Note 4,5.

Nico Elvedi: Nachdem der Schweizer in Dortmund noch komplett neben sich gestanden hatte, konnte er in Leverkusen die Konzentration und Anspannung zumindest so hochhalten, dass ihm keine Aussetzer unterliefen. Bei den beiden Gegentoren war Elvedi außen vor. Der 26-Jährige agierte am Ball noch unauffälliger als in der sonst üblichen Viererkette. In zwei oder drei Situationen klärte Elvedi im Strafraum mit gutem Stellungsspiel. In den direkten Duellen hatte er seine Probleme – nur drei von zehn Zweikämpfen konnte er für sich entscheiden. Note 4,0. 

Luca Netz: Wie sein Pendant Lainer auf der rechten Seite war der Youngster ein verkappter Linksaußen, wenn Borussia den Ball hatte. Das bremste Frimpong zwar etwas im Offensivdrang, doch als der Leverkusener vorne dabei war, ließ Netz ihn prompt zu einfach flanken, was zum 0:2 führte. Netz deutete mit Ball eine gewisse Spritzigkeit an, aber es blieb letztlich bei Andeutungen. Kurz vor der Pause startete Netz gut über links durch, sein Flachschuss flog am Tor vorbei. Im Defensivzweikampf hatte der Ex-Herthaner die bekannten Probleme, aber mit einer vehementen Grätsche an der Grundlinie in der zweiten Halbzeit sammelte er ein paar Pluspunkte. In der 86. Minute wurde der 20-Jährige von Ngoumou abgelöst. Note 4,5.

Christoph Kramer: Nach fünf Spielen in Folge ohne Startelfeinsatz stand Kramer an alter Wirkungsstätte wieder von Beginn an auf dem Feld und trug zudem die Kapitänsbinde. Der 32-Jährige sortierte sich halbrechts im Mittelfeld ein und war wie gewohnt mit viel Laufbereitschaft unterwegs. Dabei lief er zwar Räume zu, bekam aber nur selten wirklich Zugriff auf den Gegner. Bezeichnend die Szene vor dem 0:1, als er gemeinsam mit Itakura und Weigl Wirtz bedrängte, dessen Rückpass aber nicht verhindert wurde. Daraufhin gab Kramer zwar Handzeichen und wollte dirigieren, aber gleichzeitig machte er keine ernsthaften Anstalten, Hincapie bei seinem Pass auf Adli zu stören. In einigen Zweikämpfen – so vor dem eigenen Sechzehner in der 23. Minute – zog er übervorsichtig zurück. Am Ball fehlte Kramer die Dynamik, sodass er im Offensivspiel nichts bewegen konnte. Nach 65 Minuten übernahm Stindl die Position. Note 4,5.

Julian Weigl: Wenn Borussia in Ballbesitz war, übernahm Weigl die Rolle des alleinigen Sechsers. Das sah zunächst gut aus, funktionierte aber hinsichtlich der Absicherung beim ersten Gegentor nicht, weil Weigl weit aufgerückt war. In der Entstehung des zweiten Leverkusener Treffers und einiger weiterer Situationen begleitete Weigl nur und bekam keinen Zugriff. Mehrere der in der Entstehung sehr ansehnlichen Gladbacher Kombinationen leitete Weigl ein. Richtig stark war der Pass auf Netz zu dessen Chance vor dem Seitenwechsel. Im zweiten Durchgang machte es Weigl als Verbindungsspieler ordentlich. In der Nachspielzeit wurde der 27-Jährige ganz übel von Hincapie gefoult, was zu Recht mit Rot für den Leverkusener geahndet wurde. Großes Glück für Weigl, dass er mit einer schweren Prellung davonkam. Note 4,0.

Manu Koné: War halblinks als Achter im Mittelfeld unterwegs, wobei der Franzose viele Meter machte und mit einer hohen Passsicherheit gefiel. In der Rückwärtsbewegung war Koné teilweise etwas passiv – so war er auch bei der Entstehung des 0:2 eher freundlicher Begleiter denn Störfaktor für die Leverkusener. Nach etwas mehr als einer halben Stunde versprang Koné der Ball und beim Nachsetzen foulte er Adli und sah dafür seine 12. Gelbe Karte. Im weiteren Verlauf musste er in den Zweikämpfen auf der Hut sein. Herausragend war Konés Antritt in der 68. Minute, als er tief aus der eigenen Hälfte durchstartete. Leider war der Abschluss am Ende etwas aus der Verzweiflung geboren und nicht hart und präzise genug. Vermutlich war diese Aktion der Mitauslöser für muskuläre Probleme – in der 76. Minute verließ Koné humpelnd den Platz. Note 3,5.

Jonas Hofmann: Bei gegnerischem Ballbesitz war Hofmann zentral neben Thuram der erste Anläufer, bei eigenem Ballbesitz suchte der 30-Jährige mit hohem läuferischen Aufwand die freien Räume. Das gelang mal mehr und mal weniger gut. Hervorzuheben ist die Unermüdlichkeit, mit der Hofmann seine 35 Sprints (Topwert in diesem Spiel) anzog. In den Zweikämpfen fehlte ihm die Stabilität – nur zwei von zehn Duellen entschied er für sich. Vor dem Seitenwechsel hatte Hofmann nach Ablage von Thuram eine Schusschance, die Hradecky im Nachfassen zunichtemachte. Mit dem Anschlusstreffer brachte Hofmann Borussia zurück ins Spiel. Er reagierte sehr aufmerksam und nutzte die Gelegenheit konsequent. Nach der Einwechslung von Stindl übernahm Hofmann die Kramer-Position und gehörte in der Schlussphase zu den Antreibern. Note 3,5.

Marcus Thuram: Als Alleinunterhalter in vorderster Front war der Franzose bei seinem Comeback nach Verletzung engagiert, aber gegen die Übermacht an Gegenspielern oftmals chancenlos. Aber Thuram hängte sich rein und war sich auch für die Wege zurück nicht zu schade. Mit einer Hackenablage auf Hofmann bereitete er dessen Chance im ersten Durchgang vor. Vor dem Hofmann-Tor sorgte er zumindest für so viel Druck, dass Bakker sich zum vermeintlich sicheren Rückspiel auf Hradecky entschied. Ein Kopfball des 25-Jährigen war wuchtig, flog aber doch deutlich am Tor vorbei. Beim Ausgleich war Thuram zunächst etwas frustriert ins Leverkusener Tornetz gelaufen, nachdem er die Herrmann-Flanke nicht erreichen konnte. Den Blackout von Amiri nutzte Thuram gedankenschnell zur Ablage für Stindl. Note 3,5.

Lars Stindl (64. Minute für Kramer): Übernahm von Hofmann die Kapitänsbinde und auch dessen Position. Er brachte zusätzliche Bissigkeit auf den Platz, was sich zunächst aber nur in der Gelben Karte bemerkbar machte, die er für Meckern erhielt. Fünf Minuten vor dem Ende musste Stindl nach Lainer-Flanke zwingend den Ausgleich erzielen, doch seine freie Abnahme aus sechs Metern flog knapp am Tor vorbei. In der 90. Minute glückte dem 34-Jährigen nach Ablage von Thuram doch noch sein letzter Auswärtstreffer für die Borussia. Beim Jubellauf vor die Kurve wollte Stindl sein Trikot ausziehen, als ihm gerade noch rechtzeitig einfiel, dass er bereits Gelb gesehen hatte. So steht der Abschiedsvorstellung im Heimspiel gegen Augsburg nichts im Wege. Ohne Note.

Alassane Plea (76. Minute für Koné): Ein positionsgetreuer Wechsel. Plea zeigte in der Rolle des Achters zwei, drei sehr gute spielerische Ansätze, aber nicht jeder Pass kam an. Ohne Note.

Patrick Herrmann (86. Minute für Lainer): Lief vor dem Ausgleich mit viel Tempo über die rechte Seite, seine Flanke geriet aber deutlich zu weit für Thuram. Weil Leverkusen in Person von Amiri anschließend patzte, wurde Herrmanns Aktion rückblickend noch wertvoll. Ohne Note.

Nathan Ngoumou (86. Minute für Netz): Startete aus der eigenen Hälfte an der linken Außenbahn einen vielversprechenden Sprint und hatte viel Platz vor sich, um durchzulaufen. Doch er brach ab, indem er per Hacke auf Thuram spielen wollte und der Ball landete bei einem Leverkusener. Ohne Note.

von Redaktion TORfabrik.de | Foto: Norbert Jansen – Fohlenfoto