29. April 2024

4:4! Cvancara rettet Punkt nach chaotischem Spiel

Einen wilden Ritt erlebte Borussia Mönchengladbach zum Auftakt in die neue Saison beim FC Augsburg. Eine 3:1-Führung der Fohlen durch Itakura, Cvancara und Ngoumou wurde vom FCA komplett gedreht, ehe Cvancara tief in der Nachspielzeit per Elfmeter zumindest einen Punkt rettete.

Borussias Trainer Gerardo Seoane wartete bei seiner Bundesligapremiere als Coach der Fohlenelf mit keiner größeren Überraschung in der Startelf auf. Er entschied sich für Florian Neuhaus im Mittelfeld, sodass Ko Itakura dafür wieder in die Innenvereidigung rücken konnte. Marvin Friedrich musste dafür auf die Bank – das war dann auch die einzige Veränderung gegenüber der Anfangself im Pokal vor einer Woche.

Die Fohlen formierten sich im 4-2-3-1 mit Ball und zogen sich in ein 4-4-2 zurück, wenn die Augsburger das Spielgerät hatten. Und das war primär im ersten Durchgang oftmals so, denn die Borussen hatten kaum längere Phasen der Kontrolle, sondern versuchten sich hauptsächlich mit langen Bällen. Die Augsburger wussten mit dem Ballbesitz nicht viel anzufangen, sodass es in der Anfangsphase ein recht überschaubares Spiel war. 

Itakura und Cvancara treffsicher 

Das Geschehen nahm Fahrt auf, als die Borussen in der 13. Minute eine Ecke herausholten. Honorat brachte den Ball vors Tor, Itakura setzte sich im Luftduell durch und köpfte aus acht Metern halblinks zur Führung ein – es war das erste Bundesligator des Japaners. Die Gastgeber wirkten geschockt und nach einer doppelten Slapstickeinlage schoss Keeper Dahmen Cvancara an und von dessen Bein trudelte der Ball in Richtung leeres Tor. Gerade noch rechtzeitig konnte Dahmen klären (15.). 

Auch wenn den Borussen weniger Ballaktionen hatten, sah es doch so aus, als ob sie das Geschehen kontrollieren würden. Augsburg wurde nur nach einer Ecke durch einen Kopfball von Vargas gefährlich (17.), ansonsten kam nicht viel Konkretes von den Fuggerstädtern. Nach 27 Minuten schienen die Weichen auf Auswärtssieg gestellt, denn mit der zweiten Torchance legten die Borussen nach. Neuhaus eroberte im Augsburger Aufbau den Ball, Weigl passte im Fallen flach auf Cvancara, der von halbrechts trocken ins kurze Eck traf. 

Borussia lässt Augsburg zweimal zu einfach zurückkommen

2:0 nach einer knappen halben Stunde – das konnte sich doch sehen lassen. Doch nur zwei Minuten später folgte der Dämpfer. Die Borussen waren hinten zu sorglos, Rexhbecaj konnte einfach mal abziehen, Netz war nicht wach genug und Omlin musste das Geschoss im kurzen Eck passieren lassen (29.). Völlig unnötig hatten die Gladbacher die Augsburger wieder zurück ins Spiel gelassen. Doch acht Minuten später sah alles so aus, als ob die Fohlen an diesem Nachmittag für klare Verhältnisse sorgen würden. Omlin schlug weit nach vorn ab, wo Ngoumou sich den Ball geschickt vorlegte und dann den Turbo einschaltete. Der Franzose lief seinen Gegenspielern weg, behielt vor Dahmen die Nerven und knallte den Ball mit rechts fulminant zum 3:1 ins Eck (37.).

Das hätte eigentlich ein echter Wirkungstreffer sein können, doch erneut patzten die Borussen nur wenige Minuten nach dem eigenen Treffer. Nach einer kurz in den Rückraum ausgeführten Ecke der Augsburger flankte Dorsch in den Strafraum, wo sich Scally verschätzte und Demirovic eine Kopfballablage ermöglichte. Der Ball flog Richtung anderer Pfosten, wo Bauer frei war und die Kugel aus kurzer Distanz über die Linie drückte (41.). Augsburg war also erneut wieder dran und es sollte aus Gladbacher Sicht noch vor dem Pausenpfiff richtig bitter werden.

Rockstar Schlager lässt sich feiern

In der 7. Minute der Nachspielzeit tauchte Engels im Gladbacher Strafraum auf, Netz ging in den Zweikampf und hakelte gegen den bereits im Sinkflug befindlichen Augsburger ganz kurz nach, worauf Engels bereitwillig abhob. Schiedsrichter Schlager ließ weiterspielen, doch dann meldete sich der VAR. Schlager stolzierte in die Review-Area und schaute sich die Szene oft und lange an – und entschied tatsächlich auf Elfmeter. Ein schlechter Witz, wenn man sich die Situation in Realgeschwindigkeit anschaut, denn die Mini-Berührung von Netz war zwar ungeschickt, aber keineswegs ausreichend für einen Elfmeterpfiff. Doch Daniel Schlager, der Rockstar unter den Schiedsrichtern, genoss den Jubelsturm des Augsburger Publikums.

Sven Michel trat an und verwandelte präzise – Omlin hatte zwar die Ecke geahnt und die Fingerspitzen auch hauchzart noch am Ball, aber es reichte nicht. So ging es nach einer 3:1-Führung für Borussia nach einer halben Stunde mit einem 3:3 in die Kabinen. Beide Mannschaften kamen in unveränderter Besetzung zurück und die Borussen hätten fast wieder vorgelegt. Nach einem schon abgefangenen Gladbacher Konter spielte Dorsch einen Fehlpass, in dessen Folge Ngoumou einen Gegner aussteigen ließ und zum Abschluss kam. Doch Dorsch rettete mit einer Mega-Grätsche für seinen schon geschlagenen Torhüter (48.).

Vargas dreht das Spiel komplett

In der Folgezeit war es ein verteiltes Spiel mit optischen Vorteilen für die Borussen. Spielerisch war es etwas hochwertiger, was die Gladbacher auf den Platz brachten, allerdings fehlte nun die Griffigkeit im letzten Drittel. Sich Chancen herausspielen klappte nicht wirklich, sodass es bis eine Viertelstunde vor Schluss ein ausgeglichenes, aber wenig hochklassiges Spiel war. Die einzige echte Torchance hatte Neuhaus mit einem Distanzschuss, den Dahmen um den Pfosten lenkte (66.). Bei den Borussen zeigten sich erste Ermüdungserscheinungen – so quälte sich Itakura nach 70 Minuten mit einem Krampf herum. Der Japaner wurde kurz danach durch Friedrich ersetzt, auch Plea machte Platz für Hack. 

Wenige Augenblicke später flippte ganz Augsburg aus, während die Borussen konsterniert und restlos bedient waren. Einen hohen Ball in den Sechzehner bekamen die Fohlen nicht sauber geklärt und die Kugel landete auf der linken Gladbacher Seite bei Vargas. Der Schweizer knallte den Ball flach aufs Tor, sein Landsmann Omlin sah nicht gut aus und ließ das Leder nah am Körper zum 4:3 für Augsburg passieren (76.). Unfassbar, aber wahr – Borussia befand sich nach einer 3:1-Führung auf der Verliererstraße. 

Cvancara beweist Nervenstärke und rettet den einen Punkt

Omlin zeigte vier Minuten später seine ganze Klasse, als er nach einem Augsburger Konter einen Schuss von Beljo, der von Friedrich noch abgefälscht war, mit einem super Reflex über die Latte lenkte (80.). So blieben die Borussen zumindest theoretisch noch in Schlagdistanz, um zumindest noch einen Punkt zu retten. Seoane ging volles Risiko, stellte hinten auf Dreierkette um und brachte mit Ranos und Borges Sanches frische Offensivkräfte. Doch so richtig gefährlich wurden die Borussen nicht. Sie bemühten sich zwar, waren aber zu hektisch oder ungeschickt, sodass die Augsburger die verzweifelt wirkenden Angriffsversuche der Gladbacher relativ einfach verteidigen konnten. 

Auch im zweiten Durchgang gab es eine üppige Nachspielzeit, von der die Borussen tatsächlich auf den letzten Drücker noch profitieren konnten. Nach einem hohen Ball in den Augsburger Strafraum wollte Vargas das Leder hoch und weit aus der Gefahrenzone prügeln, doch er hatte Borges Sanches übersehen, der sich vor ihn schob. Der Schussversuch von Vargas wurde zu einem Tritt gegen das Bein des Luxemburgers und Schiedsrichter Schlager blieb keine andere Wahl, als auf den Punkt zu zeigen. Der VAR meldete sich diesmal nicht. Tomas Cvancara trat in der achten Minute der Nachspielzeit an und verwandelte hart und trocken halbhoch ins linke Eck.

So retteten die Borussen auf den allerletzten Drücker einen Punkt in einem Spiel, das sie eigentlich zwingend hätten gewinnen müssen. 

 

Kurzstatistik zum Spiel:

FC Augsburg: Dahmen – Engels, M. Bauer, Uduokhai, Pedersen – Rexhbecaj, Dorsch (90. Breithaupt), Vargas, Demirovic (71. Jensen)- M. Berisha (58. Beljo), Michel (71. Tietz)

Borussia Mönchengladbach: Omlin – Scally, Itakura (74. Friedrich), Wöber, Netz (86. Borges Sanches) – Weigl, Neuhaus (89. Reitz) – Honorat, Plea (74. Hack), Ngoumou (86. Ranos) – Cvancara

weiter im Kader: Nicolas (ETW), Chiarodia, Jantschke, Herrmann

Tore: 0:1 Itakura (13.), 0:2 Cvancara (27.), 1:2 Rexhbecaj (29.), 1:3 Ngoumou (37.), 2:3 Bauer (41.), 3:3 Michel (45.+7 / FE), 4:3 Vargas (76.), 4:4 Cvancara (90.+7 / FE)

Gelbe Karten: Dorsch – Cvancara, Neuhaus 

Schiedsrichter: Daniel Schlager

Zuschauer: 30.660

von Marc Basten – TORfabrik.de | Foto: Christof Stache – Getty Images