10. Mai 2024

Einzelkritik: Borussia trudelt auch in Stuttgart ins Verderben

Auch in Stuttgart fehlte es Borussia Mönchengladbach an Durchsetzungsvermögen, Klarheit und mentaler Frische. Der VfB kam zu einem verdienten Sieg, weil es die Gladbacher zuließen. Einmal mehr wurde die Mannschaft auch dem fußballerischen Anspruch in keinerlei Hinsicht gerecht. Die Einzelkritik:

Jonas Omlin: Erneut eine seriöse Partie des Schlussmanns, der ein sicherer Rückhalt war. Den Distanzschuss von Millot wehrte er gut ab und nachdem Silas Lainer ausgetanzt hatte, blockte Omlin den Schuss des Stuttgarters aus kurzer Distanz. Auch nach der Pause löste der Schweizer die Pflichtaufgaben aufmerksam, ganz am Ende rettete er noch mit einer starken Parade. Beim ersten Gegentor war der 29-Jährige machtlos und beim Elfmeter entschied er sich für die andere Ecke. Als mitspielender Torwart war Omlin gewohnt souverän, ein verunglückter Abschlag ins Seitenaus fiel nicht ins Gewicht. Note 2,5.

Stefan Lainer: Kam zu seinem ersten Startelfeinsatz seit Ende Februar und gehörte im ersten Durchgang zu den auffälligeren Borussen. Der Österreicher wirkte engagiert und wollte auch am Ball etwas inszenieren. Ein präziser langer Pass in den Lauf von Ngoumou war stark und die Flanke auf Hofmann nach der Pause punktgenau, mehrere andere Aktionen missglückten jedoch. In der Defensive fehlte ihm zu Beginn im Strafraum im Zweikampf die Standfestigkeit, später ließ er sich von Silas schwindelig spielen. Das 0:1 konnte der 30-Jährige auf der Linie stehend nicht verhindern. Die Bereitschaft bei Lainer stimmte – er bestritt die meisten Zweikämpfe aller Akteure auf dem Platz und hatte die meisten Ballkontakte (114). Nach einer Stunde sah er die Gelbe Karte und musste fortan im Zweikampf vorsichtig sein. Nach 87 Minuten machte er Platz für Herrmann. Note 3,5.

Ko Itakura: Machte über weite Strecken ein konzentriertes Spiel, war stabil in den Zweikämpfen und extrem sicher im Passspiel (Passquote von 97 %). Allerdings beschränkte sich Itakura größtenteils auf den risikolosen Querpass. Zweimal klärte der Japaner aufmerksam gegen Silas. Als der 26-Jährige weit in der zweiten Halbzeit das erste und einzige Mal mit aufrückte, landete sein Distanzschuss nach Doppelpass mit Stindl an der Hand von Zagadou und brachte Borussia den Elfmeter zum Ausgleich. Kurz darauf verhielt er sich ungeschickt und unglücklich im Zweikampf mit Tiago Tomás, weil er die Hände nicht rechtzeitig wegnahm. Daher waren sowohl der Elfmeterpfiff als auch die Rote Karte wegen Notbremse regelkonform. Note 4,5.

Nico Elvedi: Der Schweizer wartete wie sein Nebenmann Itakura mit einer sehr hohen Passquote auf (95 %) und kam insgesamt auf 106 Ballaktionen. Auch Elvedi war dabei vor allem um Risikovermeidung im Passspiel bemüht. In der Arbeit gegen den Ball war er zunächst sehr aufmerksam und stellte die Gegenspieler frühzeitig. Einen Schuss von Silas fälschte Elvedi gefährlich ab – der Ball landete auf dem Tornetz. Im zweiten Durchgang warf er sich nach einem Stuttgarter Konter erfolgreich in den Schuss von Silas, nachdem dieser zwei Borussen stehen gelassen hatte. Mit zunehmender Spieldauer wirkte der 26-Jährige immer schwerfälliger. Besonders auffällig war das bei der Szene vor dem Stuttgarter Elfmeter, als er an der Mittellinie den verunglückten Plea-Pass nicht erreichte. Während Stuttgart konterte, schleppte sich Elvedi zurück, als sei er völlig ausgepumpt. Auch bei weiteren Aktionen in der Schlussphase wirkte Elvedi total fertig. Dabei weist die Statistik für die 97 Minuten eine Laufleistung von gerade einmal 9,8 Kilometern aus. Note 4,0.

Luca Netz: Der Youngster ersetzte den verletzten Bensebaini auf der Position des Linksverteidigers. Ob er dort wirklich eine Zukunft hat, darf weiter bezweifelt werden. In Stuttgart agierte er bei eigenem Ballbesitz wie ein Linksaußen, was letztlich ohne nennenswerten Effekt blieb. Mit der einzig wirklich gelungenen Offensivaktion leitete Netz die Plea-Chance vor der Pause ein. Bei den Kernaufgaben eines Verteidigers offenbarte der 19-Jährige die bekannten Schwächen. Zwar gelang ihm eine gute Konterunterbrechung gegen Silas im Anschluss an eine abgewehrte Gladbacher Ecke, doch ansonsten hatte Netz große Probleme beim Stellungsspiel und der Orientierung zu Ball und Gegner. Nicht nur von Millot ließ sich Netz viel zu einfach ausspielen. Die Defizite von Netz im Kopfballspiel fielen diesmal nicht so auf, wobei er beide Luftduelle verlor. In der 84. Minute wurde er durch Wolf ersetzt. Note 4,5.

Julian Weigl: Diesmal zentral als alleiniger Sechser mit klarem Fokus auf die defensive Absicherung positioniert. Das erledigte der Ex-Dortmunder fleißig (12,1 km) und mit Übersicht. Bei dem einen oder anderen Umschaltangriff der Stuttgarter kam Weigl vom Tempo her nicht mit. In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit sah er Gelb für ein taktisches Foul an Guirassy im Mittelfeld. Beim 0:1 warf sich Weigl vergeblich in die Schussbahn von Assistgeber Anton. Im Passspiel war er bis auf wenige Ausnahmen gewohnt sicher, großartige Inspiration ging von ihm allerdings auch nicht aus. Mitte der ersten Halbzeit spielte der 27-Jährige zwei, drei interessante Vertikalpässe. Beim Elfmeter übernahm Weigl die Verantwortung und erzielte im 19. Bundesligaspiel für die Borussia seinen ersten Treffer. In der Schlusssequenz rettete er mit letztem Einsatz im eigenen Sechzehner. Note 3,5.

Florian Neuhaus: Spielte nominell als zweiter Sechser, legte die Rolle aber sehr flexibel aus. Im eigenen Spielaufbau rückte er weit nach links und agierte im Rücken von Netz, der sich nach vorne orientierte. Aus dieser Position heraus zog es Neuhaus dann immer wieder in die Mitte zwischen die Linien der Stuttgarter. Das war im Ansatz vielversprechend, brachte aber letztlich zu wenig Ertrag. Die schnelle und intelligente Weiterleitung auf Plea blieb die einzig nennenswerte Offensivaktion von Neuhaus. Gegen den Ball war Neuhaus bemüht, aber in mehreren Duellen zu zaghaft. So ermöglichte er einen gefährlichen Umschaltangriff des VfB. Beim Gegentor blieb die Frage unbeantwortet, ob Neuhaus – wie der VAR es interpretierte – oder doch Anton den Ball zu Millot gespielt hat. Jedenfalls fehlte Neuhaus auch in diesem Duell das letzte Quäntchen Stabilität. Nach der Pause, als es längere Ballbesitzpassagen gab, versuchte der 26-Jährige zumindest gelegentlich das Tempo anzuziehen. In der 87. Minute machte er Platz für Telalovic. Note 4,0.

Nathan Ngoumou: War mit 34,64 km/h der schnellste Spieler auf dem Platz und niemand zog so viele Sprints an wie der Franzose (29). Damit brachte er ansonsten nicht vorhandene Qualitäten ein, die aber letztlich zu nichts führten. Exemplarisch war ein guter Antritt nach Lainer-Zuspiel in der Anfangsphase, als Ngoumou nur eine überhastete blinde Hereingabe in den schlecht besetzten Strafraum schlug. Das Tempo von Ngoumou kann eine Waffe sein, aber dazu muss man ihn entsprechend einsetzen. Für Aktionen auf eigene Faust fehlte dem 23-Jährigen in Stuttgart offensichtlich das Zutrauen. Immerhin schränkte er den Offensivdrang von Sosa ein und machte auch die Wege mit nach hinten. Note 4,0.

Jonas Hofmann: Durfte als flexibler ‘Zehner’ ran und war aufgrund seiner Laufstärke ständig in Bewegung. Das Wechselspiel mit Stindl, Neuhaus oder Plea war im Ansatz vielversprechend, doch es fehlte an der Passschärfe. So versandeten die meisten Aktionen und Hofmann erlaubte sich zudem einige flapsige Ballverluste. Dass der 30-Jährige unverdrossen die Wege mit nach hinten machte, trug zu einer gewissen Kompaktheit bei. Allerdings war das Zweikampfverhalten des Nationalspielers nicht nur vor dem 0:1, als er Millot nicht energisch genug bearbeitete, sehr grenzwertig. Die Statistiker notierten einen gewonnenen Zweikampf bei zehn Duellen. In der Offensive hatte Hofmann keine Gelegenheit für Tiefenläufe, weil die Stuttgarter keine Räume hergaben. Bei seiner einzigen Torchance nach Lainer-Flanke zu Beginn der zweiten Halbzeit traf er in aussichtsreicher Position den Ball nicht richtig. Auch den Standards von Hofmann fehlte in Stuttgart das gewisse Etwas. Note 4,5.

Lars Stindl: Nominell auf der linken Seite aufgeboten, zog es den Kapitän zumeist weit in die Mitte neben Hofmann, während Netz die Außenbahn besetzte. Die numerische Überzahl im Zentrum konnten die Borussen und Stindl jedoch nicht nutzen – im Gegenteil. Es fehlte an Raum, Präzision und überraschenden Ideen. Mehrere Versuche des 34-Jährigen, ein Kombinationsspiel aufzuziehen, missglückten und hatten Ballverluste zur Folge. In Bezug auf Einsatz und Widerstandsfähigkeit kann man dem Kapitän keinen Vorwurf machen. Beim Doppelpass mit Itakura war Stindl an der Entstehung des Elfmeters beteiligt. Nach dem neuerlichen Rückstand und der Roten Karte für Itakura wurde er durch Fraulo ersetzt. Note 4,5.

Alassane Plea: Durfte (oder musste) sich aufgrund des Ausfalls von Thuram als zentraler Angreifer versuchen. Mit dieser Rolle fremdelte Plea sichtlich, zumal er von seinen ganzen Anlagen her nicht der Typ Ziel- oder gar Wandspieler ist. Bälle unter Bedrängnis festmachen, gehört nicht zu den Kernkompetenzen des Franzosen. So ließ er sich mehrfach zurückfallen, um mit eher geringem Erfolg am Kombinationsspiel teilzunehmen. Nach der flachen Ballstafette über Netz und Neuhaus hatte Plea nach einer halben Stunde die erste und einzige echte Torchance der Borussen aus dem Spiel heraus, scheiterte aber mit seinem Schuss aufs kurze Eck am stark reagierenden Bredlow. In der besten Phase der Fohlen nach dieser Aktion lebte Plea kurzzeitig auf, ehe er völlig abtauchte und keine nennenswerte Offensivaktion mehr hatte. Dafür führte sein für Elvedi gedachter läppischer Fehlpass an der Mittellinie zur Elfmetersituation für Stuttgart. Nach 84 Minuten kam Friedrich für Plea. Note 5,0.

Hannes Wolf (84. Minute für Netz): War durchaus engagiert und kam immerhin noch auf 17 Ballaktionen. Die waren jedoch wenig zielführend und gleich mehrere einfache Ballverluste machten deutlich, warum Wolf allenfalls ein Ergänzungsspieler ist. Ohne Note.

Oscar Fraulo (84. Minute für Stindl): Sortierte sich halblinks ein und kam auf 15 Ballkontakte. In seinem zweiten Bundesligaspiel konnte der Däne nichts mehr bewegen. Ohne Note.

Marvin Friedrich (84. Minute für Plea): Übernahm die Position von Itakura nach dessen Platzverweis. Machte nichts falsch, aber weder im Passspiel noch in den Zweikämpfen – vorrangig in der Luft – wirkte Friedrich stabil. Ohne Note.  

Patrick Herrmann (87. Minute für Lainer): Kam zu seinem vierten Mini-Einsatz in der Rückrunde, ohne dass er noch nennenswert in Erscheinung treten konnte. Ohne Note.

Semir Telalovic (87. Minute für Neuhaus): War nur einmal am Ball, aber die Aktion hatte es in sich: Mit seinem Distanzknaller hätte der 23-Jährige fast den Ausgleich erzielt, doch Bredlow reagierte hervorragend. Eine solche einfache Geradlinigkeit ist eine Komponente, die dem Gladbacher Spiel definitiv abgeht. Ohne Note.

von Redaktion TORfabrik.de – Foto: Alexander Hassenstein – Getty Images