28. April 2024

»Kein Anlass, sich von dieser Mannschaft abzuwenden«

Borussia Mönchengladbach setzt auch das Auswärtsspiel beim Abstiegskandidaten VfB Stuttgart in den Sand. Einmal mehr fehlte den Fohlen in allen Mannschaftsteilen der Punch, doch Trainer Daniel Farke war mit dem, was seine Spieler investiert haben, »alles andere als unzufrieden«.

Es war eine bezeichnende Szene für den Ist-Zustand bei Borussia Mönchengladbach, als die Spieler der Fohlenelf nach dem Schlusspfiff in Stuttgart zum Gästeblock schlenderten und ziemlich schnell wieder kehrtmachten, weil sich ein Großteil der Fans von ihnen weggedreht hatte. Die nächste armselige Vorstellung der Borussen lässt vermuten, dass nicht nur die bedauernswerten Auswärtsfans vor Ort mit Grausen abgewandt haben, sondern dass auch die Anhänger an den TV-Geräten entsprechend reagiert haben.

Umso erstaunlicher, dass Borussias Trainer Daniel Farke das Verhalten auf den Rängen als eine unverhältnismäßige Reaktion aus der ersten Enttäuschung heraus einsortierte. »Wenn man die Emotionen herunterkocht und die Geschichten objektiv bewertet, gibt es keinen Grund, sich von dieser Mannschaft abzuwenden. Ganz im Gegenteil. Und das habe ich den Jungs auch direkt nach dem Spiel gesagt.«

»Ich bin mit dem, was wir investiert haben, alles andere als unzufrieden«

Dabei hatte Farke selbst im Anschluss eingeräumt, dass seiner Mannschaft »Schärfe, Energie und Durchsetzungsvermögen in beiden Strafräumen gefehlt« habe. Der Trainer stellte das jedoch so dar, als ob es sich dabei um Naturgesetze handelt, die nicht zu ändern sind. Dass Farke vor dem ersten Gegentor eine »Schlafmützigkeit« ausgemacht hat und Pleas Ballverlust vor der Elfmetersituation als »schlampig« und »flapsig« benennt, entspricht den Tatsachen.

Dass er die Leistung in der zweiten Halbzeit lobt und behauptet, man habe sich »mit viel Energie und Leidenschaft zurückgekämpft und den Ausgleich erzwungen«, klingt dagegen nach Schönrederei aus dem Lehrbuch. »Ich kann nichts kritisieren an Leidenschaft, Mentalität und Charakter«, so Farke. Und weiter: »Ich bin mit dem, was wir investiert haben, alles andere als unzufrieden.«

Zu viele ‘weiche’ Zweikämpfer, die sich von der Körperlichkeit des Gegners verschrecken lassen

Offene Türen wird der 46-Jährige bei den frustrierten Anhängern mit seinen Aussagen nicht eingerannt haben. Objektiv gesehen haben die Borussen in Stuttgart angesichts der Ausfälle der drei Basisspieler Bensebaini, Thuram und Koné eine durchaus vernünftige Herangehensweise gewählt. Netz bei eigenem Ballbesitz als verkappten Linksaußen nach vorne zu schieben, während Neuhaus das Spiel breitmacht und Stindl und Hofmann sich als potenzielle Anspielstationen flexibel bewegen, war vom Ansatz her nicht verkehrt.

Das Problem war einmal mehr, dass die Spieler nur bedingt in der Lage waren, die fußballerischen Komponenten auf den Platz zu bringen. Sie versuchten es, kamen aber über Ansätze nicht hinaus. Derweil fehlte es bei der Arbeit gegen den Ball zwar nicht an der Bereitschaft, aber deutlich an Qualität. Wenn man mit Elvedi, Netz, Neuhaus, Ngoumou, Hofmann und Plea gleich sechs ‘weiche Zweikämpfer’ auf dem Platz hat, wird es kompliziert, wenn es ans Eingemachte geht. Oder anders ausgedrückt: Nur mit Lainer, Itakura, Weigl und Stindl, die sich nicht ständig von der Körperlichkeit der Gegner verschrecken lassen, gewinnt man keine Schlachten.

Untaugliches Abwehrverhalten 

So war das Spiel der Borussen einmal mehr durchzogen von Behäbigkeit, fehlender Spritzigkeit und mangelnder Widerstandsfähigkeit. Das Gegentor zum 0:1 war natürlich unglücklich und wegen der möglichen Abseitsposition höchst umstritten. Allerdings war das Abwehrverhalten der Gladbacher vom Stuttgarter Einwurf hin zum Hackentor durchweg untauglich und ein Musterbeispiel für das ‘weiche’ Zweikampfverhalten. Die Herangehensweise nach der Pause – Farke erklärte, man habe den Gegner gespiegelt und mehr Mann auf Mann gepresst – brachte im Kontext mit der Stuttgarter Zurückhaltung zwar mehr Ballbesitz, aber keinerlei Ertrag.

Von der »Energie und Leidenschaft«, die Farke ausgemacht hatte, war jedenfalls nichts zu sehen. Der Ausgleich war auch nicht »erzwungen«, weil das suggeriert, die Borussen hätten den VfB wirklich in Bedrängnis gebracht. Es waren vielmehr ein aus der Not geborener Verzweiflungsschuss von Itakura und ein Aussetzer von Zagadou, die zum glücklichen Elfmetertor von Weigl führten. Dass sich die Gladbacher fast postwendend den zweiten Gegentreffer fingen und gleichzeitig Itakura verloren, war bezeichnend für den labilen Zustand der Borussia. Doch weil Daniel Farke mit dem, was seine Mannen investiert haben, alles andere unzufrieden war, geht die Quälerei vermutlich mindestens in den verbleibenden vier Saisonspielen weiter.

von Marc Basten – TORfabrik.de | Foto: Alexander Hassenstein – Getty Images