2. Mai 2024

Kompaktheit ohne Identitätsverlust – sie können es doch!

Borussia Mönchengladbach legte gegen den SC Freiburg die so oft vermisste Kompaktheit an den Tag. Auch ohne Laufrekorde oder Zweikämpfen mit dem Messer zwischen den Zähnen überzeugten die Borussen hinsichtlich der Grundtugenden. Sie können es also doch.

Die Diskussionen in den vergangenen Wochen hinsichtlich der Wankelmütigkeit von Borussia Mönchengladbach waren vielfältig. Die Grundsatzkritik, dass die Mannschaft zu selten den Eindruck hinterlässt, wirklich alles zu geben, wird mittlerweile auch von Trainer und Sportdirektor untermauert. Virkus forderte entsprechende Grundtugenden ein, Farke relativierte etwas und verwies darauf, dass man diese Qualitäten erst durch Veränderungen im Kader erhalten werde.

Gegen Freiburg widerlegte die Mannschaft die Argumentation ihres Trainers. Auch in der aktuellen Besetzung ist man sehr wohl in der Lage, kompakt und diszipliniert zu verteidigen. Und das ohne plötzlich zu Dauerläufern zu mutieren (gegen Freiburg waren es höchst durchschnittliche 110 Kilometer und damit 3 weniger als der Gegner) oder aber mit dem Messer zwischen den Zähnen Rasen und Gegner umzupflügen. Es reichte schon aus, geduldig und beherrscht die Grundordnung zu wahren und einander aufmerksam zu unterstützen.

Endlich wurde auch mal dem Gegner die Verantwortung für die Spielgestaltung zugeschoben

Die Außenverteidiger waren in erster Instanz Verteidiger, die Sechser primär für die defensive Absicherung zuständig. Die Viererkette schob sich bei gegnerischem Ballbesitz bis zehn Meter an die Mittellinie heran und die Offensivreihe bildete die erste Abwehrreihe, ohne sich mit dem oft so sinnbefreiten hohen Pressing abzumühen. Dadurch verdichteten die Borussen das Spielfeld und schoben (endlich) auch mal dem Gegner die Verantwortung der Spielgestaltung zu.

Und schnell wurde deutlich, dass der SC Freiburg auch nur mit Wasser kocht. Christian Streich monierte später das fehlende Spieltempo über weite Strecken der ersten Halbzeit und im Verlauf des zweiten Durchgangs. Die Freiburger steckten phasenweise in dem Dilemma, an dem der Gladbacher Ballbesitzfußball oftmals so krankt. Den Ball zu haben und das Spiel machen zu müssen, ist äußerst kompliziert, wenn auf der anderen Seite ein kontrolliert gestaffelter Gegner steht.

Spektakulär war das nicht, aber es war eine schlaue Herangehensweise

Die Borussen ließen sich nicht locken, was gerade für ein Heimspiel bemerkenswert ist. Auch Freiburg ging nicht ins Risiko, sodass sich beide Mannschaften im ersten Durchgang bei ausgeglichenem Ballbesitzverhältnis weitestgehend neutralisierten. Spektakulär war das nicht, aber es war eine schlaue Herangehensweise. Und dass man sich aus dieser Statik heraus dennoch mehrere hervorragende Chancen erspielt hat, unterstreicht die Richtigkeit dieser Ausrichtung. In der Viertelstunde nach der Pause ließ man sich von der plötzlichen Wucht der Freiburger etwas zu sehr irritieren, aber hier entwickelten die Borussen die viel beschriebene Resilienz, indem man sich unterstützte und gemeinsam dagegenhielt.

Das führte dazu, dass die Gladbacher die Kontrolle zurückgewannen und ihrerseits ein optisches Übergewicht entwickelten. Die Anzahl der Torchancen nach der Pause war zwar überschaubar, die Qualität hätte aber gut und gerne für das Führungstor reichen können. Die fehlende Kaltschnäuzigkeit im Abschluss war letztlich dafür verantwortlich, dass der Plan nicht ganz aufgegangen ist und es ‘nur’ zu einem Remis gereicht hat. Die Erkenntnis, dass man auch mit dieser Mannschaft kompakt agieren kann, ohne dabei die eigene Identität völlig aufzugeben, sollte ein Fingerzeig für die restlichen Saisonspiele sein.

von Marc Basten – TORfabrik.de | Foto: Ina Fassbender – Getty Images