26. April 2024

Erneuter Funktionsausfall – es gibt nichts zu Beschönigen

Der Auftritt von Borussia Mönchengladbach gegen den VfB Stuttgart spiegelte diese verkorkste Saison eindrucksvoll und gnadenlos wider. Es gibt nichts zu Beschönigen – der erneute Funktionsausfall hat grundlegende Ursachen.

Soweit ist es also gekommen. Nach dem vorletzten Spieltag hat Borussia Mönchengladbach das Mini-Mindestziel Conference League nicht mehr in der eigenen Hand und droht die Saison im bedeutungslosen Niemandsland der Liga zu beenden. Sogar die oft zitierte Einstelligkeit ist vor dem Saisonfinale in Bremen gefährdet. Tröstlich war beim letzten Heimspiel unter Marco Rose einzig die Erkenntnis, dass es nächste Woche endlich vorbei ist. Zu Beschönigen gibt es nichts: Rose hinterlässt die Mannschaft in einem mehr als nur bedenklichen Zustand.

Der Auftritt gegen den VfB spiegelte die verkorkste Saison gnadenlos wider. In der ersten Halbzeit, als Stuttgart sich ausschließlich auf die Defensive beschränkte, offenbarten die Borussen ihre spielerische Eindimensionalität. Es fehlte am Tempo mit Ball, es gab wenig überraschende Aktionen, mit denen der Gegner wirklich gestresst worden wäre. Das ‚System‘ beruhte weitestgehend auf der Hoffnung, dass Thuram mit seiner Physis etwas reißen, oder aber eine Zufallskombination zum Erfolg führen könnte.

Eine bizarre Verunsicherung

Doch Thuram lief sich meist kopflos fest, selbst der Stratege Neuhaus rannte einige Male sichtlich planlos nach vorne und verlor den Ball. Jonas Hofmann, eigentlich ein kluger Raumdeuter, machte wieder mal viele Meter umsonst, weil nur wenige Abläufe eingespielt wirken. Pressing, Sprints, Tempowechsel oder mal Phasen eines kompromisslosen Powerplays gab es keine. Es plätscherte dahin und selbst das hätte gegen diesen ersatzgeschwächten und insgesamt bieder harmlosen Gegner reichen können. Mit einer guten Pressingaktion, der feinen Einzelleistung von Kramer und dem gekonnten Abschluss von Stindl hatte man sich zur Pause in eine überraschend gute Ausgangsposition gebracht.

Doch einmal mehr wurde eine Führung richtiggehend verkackt. Zum einen, weil in der überlegen geführten Viertelstunde nach dem Wechsel die letzte Gier fehlte, das zweite Tor nachzulegen. Es ist unerklärlich, warum man es nicht gemeinsam hinbekommt, einem wankenden Kontrahenten den Knockout zu verpassen. Zum anderen ist da die bizarre Verunsicherung, die um sich greift, sobald der Gegner seinerseits den Druck erhöht, aggressiver und ekliger spielt. Da versinken die Borussen regelmäßig in Passivität und verhalten sich wie das Kaninchen vor der Schlange. Stuttgart musste nicht mal richtig ins Risiko gehen, sondern eine kontrollierte Aggressivität der Schwaben reichte, um das Gladbacher Gebilde ins Wanken – und letztlich auch zu Fall zu bringen.

Die Körpersprache von Ginter & Co ist eine Katastrophe

Zum wiederholten Male ließen sich die Borussen in dieser Saison nach dem gleichen Muster düpieren. Das ist weniger eine Frage der individuellen Qualität, sondern viel mehr ein klares Indiz, dass die Spieler als Team nicht funktionieren. Die Körpersprache von Ginter & Co ist eine Katastrophe. Aufrütteln, gemeinsam etwas weg verteidigen, sich unterstützen und ein kippendes Spiel mit Willen und Elan wieder in den Griff bekommen – das sieht man bei Borussia fast gar nicht mehr. Vielmehr ziehen alle den Kopf ein, blicken bedröppelt auf den Boden und ducken sich weg.

Natürlich spielt in diesem Zusammenhang auch das Trainerteam eine gewichtige Rolle. Marco Rose, der mit den Vorschusslorbeeren eines Menschenfängers nach Gladbach kam, ist auch in diesem Bereich vieles schuldig geblieben. In der ersten Saison schien etwas zu gedeihen, doch im zweiten Jahr hat sich die gemeinsame Begeisterung eher ins Gegenteil gewandelt – und das nicht erst seit dem für den Sommer verkündeten Abgang. Dem Fußball unter Rose ist jedwede Identität abhandengekommen und auch auf der emotionalen Schiene ist ein Vakuum entstanden.

Intern darf man sich keinesfalls ein X für ein U vormachen

Ein Neuanfang ist notwendig und der wird zum Glück im Sommer erfolgen. Jetzt gilt es, das letzte Match der Saison mit Anstand über die Bühne zu bringen, Marco Rose und seine Mitstreiter zu verabschieden und dann in eine schonungslose Analyse überzugehen. Schönreden darf Max Eberl das zweite Jahr unter Rose vielleicht für die Öffentlichkeit – intern darf man sich aber keinesfalls ein X für ein U vormachen.

von Marc Basten – TORfabrik.de