5. Mai 2024

Einzelkritik: Borussias kollektive Schlafmützigkeit wurde bestraft

Zu viele Borussen erreichten gegen Augsburg nicht ihr Leistungsniveau, aber vor allem die kollektive Schlafmützigkeit kurz nach der Pause sorgte für die letztlich verdiente Heimniederlage. Die Einzelkritik: 

Moritz Nicolas: Borussias Torwart musste wieder zweimal hinter sich greifen, beide Male hatte er kaum eine Abwehrchance. Der 26-Jährige war einer der wenigen Borussen, die in der Anfangsphase hellwach waren. Mit einer überragenden Flugparade fischte er den Kopfball von Vargas aus dem Winkel. Weitere Pflichtaufgaben, u. a. durch den einen oder anderen Fernschuss der Gäste, löste Nicolas sicher. Neben einer etwas wackeligen Faustabwehr fiel er nur in der Szene negativ auf, als Friedrich ihm den Ball überlassen wollte, Nicolas aber nicht herauskam. In der zweiten Halbzeit verhinderte er das 1:3 gegen Vargas, lenkte den Schlenzer von Iago über die Latte und reagierte stark im kurzen Eck per Fußabwehr gegen Demirovic. Note 2,0.

Joe Scally: Hatte von Beginn an viel Arbeit in der Defensive zu verrichten, was er zwar mit Engagement, aber wenig Geschick erledigte. Ein für Reitz gedachter Rückpass leitete eine Großchance der Gäste ein und einige kopflos geführte Zweikämpfe gingen verloren. Schwach war Scallys Verhalten beim Ausgleich, als er sich von Tietz einfach wegdrücken ließ. Am Ball konnte er nur wenig beitragen, auch wenn er die meisten Ballkontakte aller Spieler auf dem Platz hatte und mit 11,8 Kilometern der laufstärkste Borusse war. Seine Flanken fanden allesamt keinen Abnehmer. In den letzten zwanzig Minuten übernahm Scally die Position des Linksverteidigers, wo er jedoch noch überforderter wirkte, als auf der rechten Seite. Note 4,5.

Marvin Friedrich: Blockte zu Beginn einen freien Schuss von Demirovic in letzter Instanz mit dem Rücken und war auch im weiteren Verlauf mehrfach gefordert. Auch wenn der 28-Jährige nicht immer die notwendige Souveränität ausstrahlte, stand er häufig gut positioniert und machte keine groben Schnitzer. In der Situation, als Nicolas beim Herauslaufen zögerte, musste Friedrich den Ball zur Ecke klären. Note 3,5.

Nico Elvedi: Nach einem etwas wackeligen Beginn fing sich Elvedi und spulte sein Programm seriös ab. Er gewann die meisten Zweikämpfe aller Akteure (22) und auch die 53 angekommenen Pässe waren der Höchstwert in diesem Spiel. Der Schweizer rückte sogar ein paar Mal mit Ball am Fuß auf, wobei er sich dann doch nicht allzu viel zutraute und ‘kurz’ abspielte. Beim Augsburger Führungstreffer wirkte er nach dem Einwurf nicht ganz auf der Höhe und konnte die Hackenablage von Tietz nicht verhindern. In der Schlussphase tauchte der 27-Jährige in aussichtsreicher Position im gegnerischen Strafraum auf, doch sein Schussversuch nach einer Hereingabe von Honorat wurde geblockt. Note 3,0.

Luca Netz: Legte sich einmal in aussichtsreicher Position im gegnerischen Strafraum den Ball auf den rechten Fuß und die Chance verpuffte. Nach Hack-Zuspiel holte er die erste Ecke heraus, aus welcher der Führungstreffer resultierte. In der zweiten Halbzeit ließ er mit einem ohne Überzeugung abgegebenen Linksschuss mit dem Innenrist eine vielversprechende Gelegenheit ungenutzt. In der Arbeit gegen den Ball wurde erneut deutlich, dass Netz kein echter Linksverteidiger ist. Er ging mehrfach zu zaghaft hin und war oftmals unschlüssig, was er wann und wo machen sollte. So auch beim Ausgleich, als er für Mbabu die Tür öffnete. In der 67. Minute sah er Gelb für ein taktisches Foul, zu dem ihn Ngoumous Ballverlust nötigte, vier Minuten später folgte die ‘Schutzauswechslung’. Note 4,0.

Franck Honorat: Umtriebig auf der rechten Seite unterwegs, musste der Franzose durch die veränderte Staffelung nicht ganz so tief verteidigen wie zuletzt. Doch auch so war er gezwungen, oft den Rückwärtsgang einzulegen. Hier wurde nicht nur beim Augsburger Führungstreffer deutlich, dass Honorat kein Abwehrspieler ist. Auf dem Weg nach vorn konnte er mehrfach seine Schnelligkeit ausspielen und war nicht von ungefähr der Borusse mit den meisten Sprints. Ein typisches Abspiel auf Plea war gut, doch viele Spielfortsetzungen gerieten sehr unpräzise. Bemerkenswert, wie Honorat einen Ball im Spiel hielt, den ein Augsburger ins Toraus laufen lassen wollte. Vor der Pause ärgerte er sich sichtlich über das klein-klein-Spiel auf links, als er gänzlich frei stand und einen Seitenwechsel forderte. Eine gute Freistoßflanke von Honorat eröffnete Jordan eine Chance und auch die Hereingabe zur Möglichkeit von Elvedi war gut. Seinem Kopfball nach Neuhaus-Flanke fehlte die letzte Präzision. Der Rest seines Spiels war geprägt von Ungenauigkeiten. Note 3,5.

Rocco Reitz: Bildete gemeinsam mit Koné eine Doppelsechs und zu Beginn gab es kleinere Abstimmungsprobleme. Reitz ‘fuchste’ sich mit einigen typisch giftigen Balleroberungen ins Spiel, auch im Anschluss an einen eigenen Ballverlust. Ein Steilpass war gelungen und der ein oder andere Ansatz im Offensivspiel ebenso. Für die muskulären Probleme, die Reitz in der Halbzeit zur Aufgabe zwangen, gab es keine sichtbaren Anzeichen. Die Lücken, die der 21-Jährige vor der Pause schloss, blieben danach allesamt offen. Note 3,5.

Manu Koné: Wurde auf den letzten Drücker fit und war wie Reitz zu Beginn in der etwas veränderten Rolle noch auf der Suche nach der Balance. Mit der Zeit fand er sich besser zurecht, war engagiert und agierte am Ball weniger kompliziert als sonst. Er eroberte einige Bälle, kam danach aber meist nicht zur Entfaltung. Manche Situationen löste Koné richtig gut mit Technik und Körpertäuschungen, aber danach verpuffte vieles. Im Verlauf der zweiten Hälfte schwanden die Kräfte, sodass die Auswechslung zwanzig Minuten vor Schluss erwartbar war. Note 3,5.

Robin Hack: War auf der linken Seite mit Eifer unterwegs, agierte allerdings ein paar Mal überhastet und etwas hektisch. Gleichwohl war es positiv zu bewerten, dass Hack stets etwas forcieren wollte. Ein Zuspiel auf Netz war gelungen, der Verlagerungs-Pass auf Honorat große Klasse. Sein Heber vom Mittelkreis war kein schlechter Versuch, aber er rutschte dabei aus. Zudem wäre ein Abspiel auf Honorat möglich gewesen. Nach der Pause hatte Hack eine Kopfballchance, aber er konnte den Ball nicht richtig platzieren. Defensiv war Hack im Rahmen seiner Möglichkeiten engagiert. Bei der Entstehung des 1:1 kam er einen Schritt zu kurz, um den Pass auf Vargas zu verhindern. Nach 67 Minuten machte er Platz für Ngoumou. Note 3,5. 

Alassane Plea: Führte die Borussia erstmals als Kapitän in ein Bundesligaspiel. Er übernahm die Rolle des Zehners hinter Jordan, gegen den Ball standen beide auf gleicher Höhe. Nachdem Plea zunächst kaum in Erscheinung getreten war, sorgte er im Verlauf der ersten Halbzeit für die spielerischen Akzente. Er bereitete das 1:0 mit seinem Heber geschickt vor und sein Schuss nach dem Konter über Hack und Honorat flog knapp über das Tor. Eine Flanke von Plea flatterte fast in den Winkel. In einigen Situationen agierte Plea unglücklich, doch auch in der zweiten Halbzeit war er involviert, wenn es ansatzweise gefährlich wurde. Trotz der Trainingspause unter der Woche spielte der 30-Jährige durch. Note 3,0. 

Jordan: Behauptete ein paar Mal mit dem Rücken zum Gegner gut den Ball und leitete so auch die erste Chance ein. Beim 1:0 zeigte Jordan im Getümmel Standfestigkeit und drückte den Ball im zweiten Versuch ins Tor. Seiner Direktabnahme nach Honorat-Freistoß fehlte die Genauigkeit und im Anschluss an einen Reitz-Pass schien er sich nicht bewusst zu sein, wie viel Raum er hatte, sodass die Gelegenheit verstrich. Vor allem nach der Pause fehlte Jordan die Bindung, zumal er auch nicht mit Gefahr heraufbeschwörenden Einzelaktionen aufwarten konnte. Note 4,0. 

Christoph Kramer (46. Minute für Reitz): Ersetzte Reitz zur zweiten Halbzeit, übernahm die Kapitänsbinde von Plea und musste direkt mit ansehen, wie das Spiel kippte. Bei beiden Gegentoren war Kramer ganz nah dabei, aber nur in begleitender Zuschauerrolle. Die mangelnde Griffigkeit im Zweikampf vermochte er auch durch großen Laufaufwand nicht zu kompensieren. Bei eigenem Ballbesitz war Kramer zwar sicher im Kurzpassspiel, brachte aber keine wirkliche Frische rein und wirkte eher hemmend. Note 4,5.

Nathan Ngoumou (67. Minute für Hack): Startete mit einem Ballverlust, der Netz zu einem taktischen Foul inklusive Gelber Karte nötigte. Danach fiel der Franzose durch untaugliches Zweikampfverhalten und einen technisch schwachen Schuss negativ auf. Mit einem katastrophalen Rückpass in den Lauf von Demirovic hätte Ngoumou fast das dritte Augsburger Tor mustergültig vorbereitet. Ohne Note. 

Florian Neuhaus (71. Minute für Koné): Bekam zunächst die Kompromisslosigkeit von Jakic zu spüren, der Neuhaus am Mittelkreis mit der Schulter voll im Gesicht traf. Neuhaus war durchaus bemüht und klärte auch hinten mit einer Grätsche. Offensiv war die Flanke zum Kopfball von Honorat gelungen. Ein von Neuhaus ohne Gegnerdruck ins Seitenaus gespielter Fehlpass führte weder bei ihm noch seinen Mitspielern zu einer wie auch immer gearteten Reaktion. Ohne Note. 

Stefan Lainer (71. Minute für Netz): Seine Einwechslung war der schönste Moment an einem ansonsten trüben Abend. Es war keinesfalls nur eine Geste, denn Lainer zeigte direkt, dass er auch sportlich mehr als nur eine Alternative zu Scally ist. Gleichwohl wird es wichtig sein, ihn behutsam zu integrieren. Ohne Note.

Grant-Leon Ranos (87. Minute für Honorat): Ein guter Antritt und ein zu optimistischer Crossball – die Zeit war zu kurz, als dass der Youngster noch etwas bewegen konnte. Ohne Note.

von Redaktion TORfabrik.de – Foto: Norbert Jansen – Fohlenfoto