16. April 2024

Einzelkritik: Eine ordentliche Leistung in Unterzahl

Borussia Mönchengladbach hat sich den Punkt bei Hertha BSC redlich verdient. Die Mannschaft steckte die frühe Rote Karte gegen Yann Sommer gut weg und machte die Unterzahl durch geschlossene Teamarbeit wett. Die Einzelkritik:

Yann Sommer: Der Arbeitstag war für den Keeper bereits nach 13 Minuten beendet. Bis zum Platzverweis war Sommer nicht wirklich gefordert. Bei dem langen Ball auf Cordoba hätte er nicht zwingend rauslaufen müssen, da der Angreifer versetzt zum Tor anlief und Zakaria vermutlich als Absicherung zur Stelle gewesen wäre. Letztlich kam Sommer den Tick zu spät und traf Cordoba leicht – ein klares Foul und die Entscheidung Notbremse war vertretbar. Ohne Note.

Matthias Ginter: Begann rechts in der Dreierkette und köpfte in der Anfangsphase einmal unbedrängt zum Gegner und spielte in kurzer Reihenfolge zwei Fehlpässe. Gelungen war dagegen eine gute Bewegung mit Ball am gegnerischen Sechzehner mit anschließendem Pass Richtung Thuram. Bei der Szene vor dem Platzverweis für Sommer sah Ginter schlecht aus: Er erkannte die Gefahr durch den langen Ball und ging rechtzeitig mit Cordoba mit, zog dann aber aus unerfindlichen Gründen den Sprint nicht durch. In Unterzahl übernahm Ginter den Posten rechts in der Viererkette. Zunächst war er nicht nah genug an Cordoba bei dessen Kopfballchance nach einer Freistoßflanke. Danach wirkte der 27-Jährige stabiler und im weiteren Verlauf klärte einige Male rechtzeitig. Ein Missverständnis mit Sippel führte zu einer Berliner Ecke. Bei einer eigenen Ecke kurz nach der Pause wurde der Vorteil nicht ausgenutzt, dass Ginter (1,91) von Ascacíbar (1,68) gedeckt wurde. Note 3,5.

Denis Zakaria: Startete wie letzte Woche als mittlerer Mann in der Dreierkette. Dort spielte er gegen Cordoba mehrfach seine Schnelligkeit aus – u.a. klärte er mit einer gut getimten Grätsche. Auch bei der Situation vor der roten Karte hätte er Cordoba wohl noch gestellt oder zumindest gestört. Nach dem Platzverweis wurde auf Viererkette umgestellt und Zakaria übernahm die Rolle des linken Innenverteidigers. Dass dies etwas anderes ist, als der Libero oder Abfangjäger einer Dreierkette, wurde bei einigen Infights deutlich, bei denen Zakaria die Zweikampstabilität eines gelernten Verteidigers fehlte. Zudem ist das Kopfballspiel des Schweizers – trotz seiner Größe – mehr als nur ausbaufähig. Beim Tor zum 2:2 reagierte der 24-Jährige einen Tick zu spät gegen Cordoba, später lief er in zwei, drei Aktionen nochmals stark den Gegenspieler ab. Note 3,0.

Ramy Bensebaini: Kehrte nach abgelaufener Gelbsperre zurück ins Team und begann als linker Akteur in der Dreierkette und rückte nach dem Platzverweis auf die Position des Linksverteidigers in der Viererkette. Dort von Zeefuik im Luftkampf überhart angegangen und böse am Kopf getroffen – zudem knallte Bensebaini beim Aufprall auf den Boden nochmals auf den Kopf. Der 25-Jährige spielte jedoch ungerührt weiter – unmittelbar nach dieser Aktion lief er gekonnt den Ball ab und beendete so einen Berliner Angriff. In Unterzahl musste er sich mit seinen Vorstößen zurückhalten und war vor allem mit Defensivaufgaben beschäftigt. Mehrfach ‚stach‘ Bensebaini im richtigen Moment zu. Nach der Pause hatte er ein paar Probleme mit dem eingewechselten Radonjic, zudem konnte er die Hereingabe von Cunha vor dem 2:2 nicht mehr verhindern. Im weiteren Verlauf wirkte Bensebaini etwas platt, was auch mit dem Foul von Zeefuik zusammenhängen könnte. Bis zur 77. Minute hielt er durch. Note 3,5.

Stefan Lainer: Rechts im breit gestaffelten Mittelfeld gestartet, musste der Österreicher nach einer knappen Viertelstunde zurück in die neu gebildete Viererkette auf die gewohnte Position des Rechtsverteidigers. Lainer war wie immer bissig und aggressiv in den Zweikämpfen. Auf dem Weg nach vorne mit einem hervorragenden Zuspiel auf Stindl und nach der Pause mit starkem Pass auf Plea vor der ‚Rutschaktion‘ von Thuram. Beim Berliner Freistoß nach dem Platzverweis übernahm der 28-Jährige den Job des ‚Mauerliegers‘ und überstand die Situation ohne Schaden zu nehmen. Note 3,0.

Christoph Kramer: Begann mit einem Verlagerungsball ins Nichts und dann unterlief ihm ein gefährlicher Ballverlust am Sechzehner, als er mit Zakaria ausverteidigen wollte. Dem langen Pass der Berliner vor dem Platzverweis ging ein Ballverlust von Kramer und Stindl kurz hinter der Mittellinie voraus. Den Schuss zum 0:1 fälschte Kramer noch entscheidend ab, so dass der Ball diese eigenartige Flugbahn erhielt. Beim Spielzug zum 1:1 war Kramer mit einem schnellen Verbindungspass beteiligt. In Unterzahl beschränkte sich der 30-Jährige zumeist auf Kurzpässe und war ansonsten damit beschäftigt, unermüdlich die Löcher zuzulaufen. Am Ende hatte er über 12 Kilometer in den Beinen – der Krampf kurz vor Schluss kam nicht überraschend. Kramer schaffte es, den Berliner Spielfluss mit vielen kleinen Nickligkeiten zu unterbrechen. Die Summe der Kleinfouls führte zur Gelben Karte. Note 3,5.

Florian Neuhaus: Wurde in seinem Vorhaben, aus der Tiefe heraus für spielerische Akzente zu sorgen, durch den Platzverweis ausgebremst. In Unterzahl hatte es Priorität, gemeinsam mit Kramer im defensiven Mittelfeld zu ackern. Die Highlights waren daher zwei, drei überaus geschickte Drehungen mit Ball am eigenen Sechzehner, mit denen sich Neuhaus gekonnt befreite. Mit einer hervorragenden Ballannahme und Verarbeitung leitete Neuhaus den Spielzug zum 1:1 ein. In der Schlussphase des Spiels war der 24-Jährige bei einigen Kontern vorne mit dabei, einmal verstolperte er zunächst und schoss dann doch noch aus der Distanz über den Kasten. Note 3,5.

Oscar Wendt: Spielte auf der linken Seite im Mittelfeld, kam aber in 13 Spielminuten nur auf zwei Ballkontakte. Nach dem Platzverweis für Sommer wurde er ‚geopfert‘, damit Sippel reinkommen konnte. Ohne Note.

Lars Stindl: Begann rechts im Dreiersturm, in Unterzahl rückte er auf die zentrale Position – natürlich mit weiten Wegen nach hinten. Zu Beginn drehte Stindl am Mittelkreis stark auf und spielte einen tollen Pass auf Lainer. Vor dem 0:1 verlor er im Zusammenspiel mit Kramer in der gegnerischen Hälfte den Ball. Beim Angriff zum 1:1 war Stindl mit einer Weiterleitung beteiligt, kurz danach wurde sein Distanzschuss nach schneller Drehung von Schwolow zur Ecke gelenkt. An der Elfmetersituation war der Kapitän als Doppelpasspartner von Plea beteiligt – vom Punkt verwandelte er sicher. Kurz nach der Pause hatte der 32-Jährige nach Vorarbeit von Thuram und Neuhaus noch eine Schussgelegenheit, traf den Ball aber nicht richtig. Nach einer Stunde machte Stindl, geplagt von muskulären Problemen, Platz für Lazaro. Note 3,0.

Marcus Thuram: Wurde direkt zu Beginn von Plea steil geschickt, aber im Laufduell mit Stark abgedrängt. In Unterzahl rückte Thuram auf die linke Seite, wo er sehr aufmerksam und teilweise sogar richtig kunstvoll mitverteidigte. Auf dem Weg nach vorne gab er mit einem starken Pass im Fallen den Assist zum 1:1. Bei der Elfmetersituation nahm Thuram die Grätsche von Stark dankbar an. Nach der Pause startete der 23-Jährige mit einer Grätsche an der eigenen Grundlinie und beackerte die linke Seite, wo er u.a. Neuhaus in Szene setzte und sich einige Male wuchtig behauptete. Ab der 65. Minute spielte Thuram zentral vorne drin, wo er nach Zuspiel von Plea im Duell mit Klünter rutschend zu Fall kam. Vertretbar, dass der Schiedsrichter hier nicht auf Elfmeter entschied. In der 77. Minute wurde Thuram von Embolo abgelöst. Note 2,0.

Alassane Plea: Begann auf der linken Seite mit einem feinen Pass in den Lauf von Thuram. Nach der Umstellung in Folge des Platzverweises rückte er auf die rechte Seite. Dort startete Plea nach Zuspiel von Thuram durch und erzielte mit einem coolen Abschluss das 1:1. Den Angriff vor der Elfmetersituation initiierte er mit einem Doppelpass mit Stindl und dem Schnittstellenpass auf Thuram. Bemerkenswert, wie laufstark Plea mit nach hinten arbeitete. Als Lazaro kam, ging er fünf Minuten zentral vorne rein, ehe er wieder auf die rechte Seite wechselte. Dort spielte er nach Pass von Lainer klasse auf Thuram, der rutschend zu Fall kam. Note 2,0.

Tobias Sippel (17. Minute für Wendt): Musste einen Kaltstart hinlegen nach dem Platzverweis für Sommer. Beim 0:1 konnte er nichts ausrichten – der Ball war tückisch abgefälscht. Mit einem Reflex verhinderte Sippel beim Kopfball von Cordoba das 0:2, vom Linksschuss von Lukebakio aufs kurze Eck ließ er sich nicht überraschen. Bei einem Rückpass von Bensebaini blieb er gefährlich lange stehen, doch es ging gut. Vor dem Ausgleich wehrte Sippel den Schuss von Ascacíbar gut zur Seite ab, doch leider kam Cunha direkt zur Flanke und gegen den Abschluss von Cordoba aus kurzer Distanz hatte Sippel keine Abwehrchance. Einen Schuss von Guendouzi lenkte der 33-Jährige über die Latte, einen Cunha-Schuss hielt er sicher. Mit Ginter gab es ein Missverständnis, was zu einer Berliner Ecke führte, zudem konnte Sippel einen Rückpass von Zakaria nicht mehr verarbeiten, was ebenfalls einen Eckball zur Folge hatte. Ganz am Ende schien sich Sippel irgendwie zu überstrecken und das Knie zu verdrehen, doch zum Glück sah es schlimmer aus, als es war. Note 2,5.

Valentino Lazaro (60. Minute für Stindl): Ging für fünf Minuten auf die rechte Seite, ehe er dann nach links wechselte. Als Bensebaini eine Viertelstunde vor Schluss runter ging, übernahm Lazaro dessen Position als Linksverteidiger. Der 25-Jährige zeigte an alter Wirkungsstätte ein paar gute Ansätze – u.a. bei dem Konter, als Neuhaus am Ende über das Tor schoss – , machte aber auch kleinere Fehler, wie bei einem schlappen Pass in die Füße eines Herthaners. Als Linksverteidiger zweikampfstark gegen Radonjic. Am Ende trat er eine Ecke direkt in die Arme von Schwolow. Ohne Note.

Patrick Herrmann (77. Minute für Bensebaini): Rückte auf die Lazaro-Position links. Mit einem mutigen und erfolgreichen Defensivkopfball gegen Cunha leitete Herrmann einen vielversprechenden Konter ein. Bei zwei weiteren Gegenstößen schaltete sich Herrmann mit ein, ohne jedoch in Position zu kommen. Ohne Note.

Breel Embolo (77. Minute für Thuram): Übernahm die zentrale Rolle und beschäftigte die Berliner in einigen Zweikämpfen. Schade, dass sein Querpass vors Tor nichts einbrachte, nachdem er den Ball mit beherztem Einsatz vor der Grundlinie im Spiel gehalten hatte. Ohne Note.

von Redaktion TORfabrik.de