6. Mai 2024

Einzelkritik: Ein Derby mit vielen Toren und vielen Fehlern

Das rheinische Derby hatte einiges zu bieten, doch am Ende reichten auch drei Tore für die Borussia nicht zum Derbysieg. Insgesamt war die Mannschaftsleistung erneut unbeständig und fehlerbehaftet. Die Einzelkritik:

Moritz Nicolas: Einen Tag nach seiner Vertragsverlängerung startete Nicolas äußerst unglücklich ins Derby. Den ersten Gegentreffer muss er mit auf seine Kappe nehmen, da er die scharfe Schuss-Hereingabe aus sehr spitzem Winkel mit dem Knie ins eigene Tor lenkte. Danach wirkte er bei zwei Aufbauaktionen etwas verunsichert, aber ohne nennenswerten Fehler. Einen flachen Distanzschuss von Kainz parierte er ebenso sicher wie einen Kopfball von Adamyan. Unmittelbar nach Wiederanpfiff faustete der 26-Jährige eine Flanke gut weg, auch bei einer Ecke kam er mutig raus und fing den Ball. Beim Kopfball zum 1:2 war Nicolas genauso machtlos wie beim Ausgleich. Note 3,5.

Joe Scally: Kehrte wieder in die Startformation zurück und spielte als Rechtsverteidiger in der Viererkette. Die Rolle interpretierte er relativ offensiv ausgerichtet, wobei er sich mehrfach mit dem vor ihm postierten Honorat im Weg stand. Die Abstimmung zwischen den beiden passte wiederholt nicht. Scally rückte einige Male in die Mitte, was im Ansatz nicht schlecht war. Defensiv mit einer guten Grätsche gegen Finkgräfe, jedoch auch mit ganz schwachen Abwehrverhalten gegen Kainz, als er eine Flanke von der Grundlinie zuließ. Mehrere Pässe auch ohne Bedrängnis missrieten und außer einer ordentlichen Halbfeldflanke, als Jordan nicht energisch genug hinging, versandeten die Flankenversuche des 21-Jährigen. Wiederholt landete der Ball am Körper des vor ihm stehenden Gegners. Nach der Hereinnahme von Lainer wechselte Scally auf die linke Seite. Beim 3:2 gelang ihm der eher ungewollte Assist auf Hack, als der Ball von ihm zum Torschützen prallte. Ganz am Ende bereitete Scally mit einem guten Pass die Hack-Chance vor, bei der der Ball auf dem Tornetz landete. Note 4,0.

Nico Elvedi: Machte als rechter Innenverteidiger über weite Strecken ein seriöses Spiel, auch wenn er bei dem einen oder anderen Antritt etwas schwerfällig wirkte. Der Schweizer hatte die meisten Ballkontakte, konnte das Aufbauspiel aber zu selten wirklich beleben. Ein für Scally gedachter Pass landete im Seitenaus und drei, vier Bälle spielte Elvedi deutlich zu zaghaft. Richtig gut dagegen der direkte Vertikalpass auf Neuhaus vor dem 1:1, als er den Pass von Hübers abgefangen hatte. Anfang der zweiten Halbzeit warf sich der 27-Jährige in einen Schuss und blockte. Das 1:2 muss man Elvedi mit ankreiden, weil sein Kopfballtiming ungenügend war. Note 3,5.

Maximilian Wöber: War bei zwei, drei Zweikämpfen wenig stabil, blockte dann aber wichtig gegen Adamyan im Strafraum. Einige Male eroberte er beim Aufrücken den Ball, einmal per Kopf an der Mittellinie. Im Passspiel in Richtung Netz unterliefen Wöber zwei eigenartige Fehlpässe, überhaupt war die Abstimmung mit Netz nicht gut. In der Phase um die 60. Minute haute der Österreicher einige Male vehement dazwischen. Absolut unnötig war das ‘Stocherfoul’ an der Seitenlinie, woraus der Freistoß zum 1:2 resultierte. Nach siebzig Minuten musste der 26-Jährige mit muskulären Problemen runter. Note 4,0.

Luca Netz: Ermöglichte den Kölner Führungstreffer, als er gegen Alidou vollkommen untauglich zu stören versuchte. Auch im weiteren Verlauf war Netz ein Unsicherheitsfaktor. Seine defensiven Schwächen konnte er im Spiel nach vorne nicht kompensieren. Im Gegenteil – mit Ngoumou ‘matchte’ es nicht mal im Ansatz und Netz drehte nahezu in jeder Aktion ab und spielte den Ball zurück. Dazu kamen technische Unzulänglichkeiten, eine schwache Flanke und eine völlig missratene Freistoßflanke. Nach der Pause bekam er sogar noch weniger auf die Reihe, spielte mehrere Fehlpässe und leitete mit einem miserablen Luftzweikampf gegen Adamyan einen Kölner Angriff ein. Nach einer Stunde wurde der 20-Jährige durch Lainer ersetzt. Über die Reaktion von Netz bei der Auswechslung schien Seoane nicht sonderlich erfreut. Note 5,0.

Julian Weigl: Einsatzwillen und Laufbereitschaft stimmten beim Kapitän, der als alleiniger Sechser jedoch längst nicht alle Räume schließen konnte, die seine Nebenleute öffneten. Ausgezeichnet war eine Grätsche gegen Chabot, mehrfach lief Weigl aber auch vergeblich nebenher. Er ließ eine Flanke von der Eckfahne zu, als er nicht konsequent draufging, grätschte einmal ins Leere und spielte unmittelbar darauf einen schlechten langen Pass. Nach einer unsauberen Ballannahme foulte er und sah berechtigt Gelb. Fußballerisch setzte sich der 28-Jährige nicht in Szene. Aufgrund seiner Rolle als Abräumer konnte er keine Fäden ziehen oder das Spieltempo diktieren. Note 4,0.

Franck Honorat: Auf der rechten Außenbahn passte die Raumaufteilung mit Scally nicht immer – zeitweise standen sich die beiden auf den Füßen und musste Honorat den Job des Rechtsverteidigers übernehmen. Auf dem Weg nach vorn war der Franzose wie immer sehr engagiert – mit einer perfekten flachen Hereingabe legte er zum ersten Pfostenschuss von Neuhaus auf. Honorat erzielte dann den Ausgleich, wobei der Abschluss nicht sonderlich souverän, aber zumindest hart genug war. Etwas später hatte er eine Schusschance aus fast identischer Position, wurde jedoch geblockt. Auch wenn dem 27-Jährigen einige Flüchtigkeitsfehler unterliefen, so war er doch sehr fleißig, auch in der Rückwärtsbewegung. Beim Angriff zum 2:2 war Honorat mit dem Pass auf Lainer beteiligt und im Anschluss an seine Ecke fiel das 3:2. Sein einfacher Ballverlust in der 89. Minute hätte allerdings fast noch zum Kölner Siegtreffer geführt. Note 3,0.

Manu Koné: Erkämpfte sich einige Bälle und behauptete diese auch mehrfach gut unter Bedrängnis. Der Franzose rückte auffällig oft vor, um den gegnerischen Spielaufbau anzulaufen. Das führte nicht nur vor dem 0:1 dazu, dass er nicht schnell genug zurückkam, um die Räume zu schließen. Als Verbindungsspieler wartete Koné mit drei, vier guten Pässen auf, u.a. auf Honorat vor dem Pfostenschuss von Neuhaus. Wie so oft fehlte es beim 22-Jährigen aber an klar zu Ende gespielten Aktionen. Eine Pirouette gegen mehrere Kölner endete mit einem Ballverlust. In der 70. Minute machte er Platz für Reitz. Note 4,0. 

Florian Neuhaus: Hätte der Derby-Held werden können, traf jedoch zweimal nur den Pfosten. Bei der ersten Situation fehlte dem Schuss der letzte Tick an Schärfe, sodass Schwäbe den Ball noch mit den Fingerspitzen an den Pfosten lenken konnte. Der zweite Aluminiumtreffer resultierte nach dem schönsten Spielzug und einem doppelten Doppelpass mit Ngoumou und Jordan  – das war wirklich herausragend von Neuhaus und der Schuss an den Pfosten schlichtweg Pech. Neuhaus war an mehreren Angriffen beteiligt und gab den Assist zum Honorat-Tor. Seine ordentliche Direktabnahme nach elf Minuten mit vollem Risiko flog über das Tor. Der Schuss in der 86. Minute von der Strafraumgrenze war dagegen schwach. Kurz nach der Pause sah er Gelb, als er nach einer Fehlentscheidung von Zwayer meckerte. Defensiv war der 26-Jährige nicht immer auf der Höhe. So übte er vor dem 0:1 keinen Druck auf Kainz aus und beim 3:3 kam er mit einer halbherzigen Grätsche gegen Passgeber Huseinbašić zu spät. Note 3,0.

Nathan Ngoumou: Hätte zwingend den Rebound nach dem ersten Pfostenschuss von Neuhaus machen müssen – da vergab er kläglich mit seinem eigentlich starken rechten Fuß. Danach war er eine ganze Zeit überhaupt nicht im Spiel, was aber auch daran lag, dass vor allem Netz im Aufbau der Mut zum Pass fehlte. Nach einer halben Stunde bereitete Ngoumou mit einem guten Sprint über die Außenbahn die Jordan-Chance vor, später spielte er einen feinen Steilpass, den Jordan aufgrund von Tempodefiziten nicht nutzen konnte. Nach der Pause wirkte der 23-Jährige zielstrebiger und war als Doppelpasspartner beim zweiten Neuhaus-Pfostenschuss beteiligt. In der 69. Minute bewegte er sich auf halbrechts und ließ im Strafraum einen guten Schuss ab, den Schwäbe über die Latte lenkte. Alsdann wurde Ngoumou ausgewechselt. Note 3,5.

Jordan: Verstolperte den Abschluss beim ersten Angriff nach knapp 40 Sekunden und war im weiteren Verlauf kaum zu sehen. Ganze 17 Ballkontakte hatte Jordan im gesamten Spiel – das ist sehr wenig für einen ‘Zielspieler’. Er führte einige Zweikämpfe mit Chabot, konnte sich aber kaum durchsetzen. Nach einer halben Stunde sah Jordan Gelb, weil er Chabot auf den Fuß stieg und meckerte. In der Schlussphase foulte er an der eigenen Strafraumgrenze, als ein Kölner schussbereit war. Einen guten Steilpass von Ngoumou konnte Jordan nicht nutzen, weil er nicht entschlossen startete, sondern sich träge von Chabot ablaufen ließ. So blieben letztlich nur drei wirklich gelungene Aktionen des 27-Jährigen: Beim Angriff zum 2:2 ließ er gut auf Reitz prallen, das Zuspiel auf Neuhaus vor dem zweiten Pfostenschuss aus dem Fußgelenk war klasse und auch die Weiterleitung per Hacke in der 94. Minute auf Lainer am Fünfmeterraum war sehenswert. Note 4,5. 

Stefan Lainer (62. Minute für Netz): War gerade auf dem Platz, als er gemeinsam mit Elvedi den Kopfballtreffer zum 1:2 nicht verhindern konnte. Danach war Lainer in bekannter Manier über rechts unterwegs und gab mit seiner Flanke den Assist zum 2:2. Hinten blockte er einmal gut, aber er köpfte auch einmal bei einem Klärungsversuch direkt in die Füße eines Kölners. In der Nachspielzeit wäre er fast am Fünfmeterraum zum Torschuss gekommen. Ohne Note. 

Rocco Reitz (70. Minute für Koné): Fügte sich gut ein, war am Angriff zum 2:2 beteiligt und holte auch den Eckball vor dem 3:2 heraus. Vor dem 3:3 verlor er allerdings den Zweikampf an der Außenlinie, in dessen Folge der Ball zum Assistgeber Huseinbašić gelangte. Ohne Note. 

Robin Hack (70. Minute für Ngoumou): Ein grandioser Joker-Einsatz, bei dem er mit seinen ersten beiden Kontakten zwei Treffer erzielte. Besonders das zweite Tor war bemerkenswert, weil Hack mit einer für Borussia untypischen Geradlinigkeit und Entschlossenheit abgezogen hatte. Fast wäre ihm noch der dritte Treffer gelungen, als er den Ball für einen festen Schuss nicht richtig kontrollieren konnte und stattdessen einen Schlenzer wählte, der auf dem Tornetz landete. Ohne Note.

Ko Itakura (73. Minute für Wöber): War direkt mit seiner Kopfballablage in die Mitte am Führungstreffer beteiligt, grätschte dann vergeblich beim Kölner Ausgleich und rettete später per Kopf am langen Pfosten in höchster Not vor Selke. Ohne Note.

von Redaktion TORfabrik.de – Foto: Norbert Jansen – Fohlenfoto