30. April 2024

Einzelkritik: Borussias Ende mit Schrecken in Frankfurt

Das letzte Spiel des Jahres 2023 endete für Borussia Mönchengladbach schrecklich. Die Fohlen gaben in der Nachspielzeit einen sicher geglaubten Auswärtssieg aus der Hand. Die Einzelkritik:

Moritz Nicolas: Erneut ein Spiel, bei dem der 26-Jährige nichts falsch gemacht hat, aber dennoch zwei Gegentore hinnehmen musste, bei denen er nichts ausrichten konnte. Im ersten Durchgang war er bei einem Kopfball von Pacho zur Stelle, nach der Pause wehrte er mit einer starken Parade einen Schuss von Chaïbi ab. Einen von Scally abgefälschten Kopfball von Tuta lenkte Nicolas über die Latte und den Freistoß von Chaïbi in die Torwartecke hielt er sicher fest. Bei einer Freistoßhereingabe faustete Nicolas den Ball weg und knallte dabei mit Netz zusammen. Die Behandlungspause begleitete der sympathische Frankfurter Anhang mit ‘Steh auf, Du Sau’-Sprechchören. Note 2,5.

Joe Scally: Zu Beginn auch bei gegnerischem Ballbesitz als Rechtsverteidiger in einer Viererkette und nach rund zehn Minuten wieder als rechter Innenverteidiger der Fünferkette agierend. Vorne gab er den ersten Schuss ab (2.), hinten arbeitete er zunächst konzentriert und solide. Die Pass- und Zweikampfquote des US-Amerikaners war ordentlich. Für sein einziges Foul erhielt er die Gelbe Karte, als er Marmoush an der Mittellinie per Trikotbremse hinderte. Die Abstimmung in der Defensive mit Nebenmann Honorat war nicht immer optimal. Als Honorat in der Nachspielzeit nicht mehr da war, verlor Scally deutlich die Orientierung. Vor dem Ausgleich rückte er zu weit raus und sowohl bei einer Halbfeldflanke kurz darauf als auch beim Frankfurter Siegtreffer ging Scally nicht konsequent hin, um die Flanke zu blocken. Note 4,0.

Nico Elvedi: Machte sein persönlich bestes Spiel im Kalenderjahr 2023. Er war von Beginn an wach, rückte energisch auf und eroberte den Ball. Mit sauberen und stabilen Zweikämpfen klärte er u. a. wichtig gegen Marmoush (9.) und Ebimbe (19.). Für ein taktisches ‘Muss-Foul’ an Marmoush sah der Schweizer in der 35. Minute die Gelbe Karte. Trotz Vorbelastung geriet er nicht in Gefahr einer weiteren Verwarnung. Auch nach der Pause war der 27-Jährige klar in seinen Zweikämpfen. Seine Spieleröffnung war nicht immer gelungen und bei der Kopfballchance von Marmoush in der Nachspielzeit war er ‘Elvedi-typisch’ erstarrt und sprang nicht richtig hoch. Bei den Gegentoren war Elvedi nicht involviert. Note 2,5.

Maximilian Wöber: Wirkte gegenüber dem Bremen-Spiel frischer und aufmerksamer. Auf der linken Innenverteidigerposition hatte der Österreicher alles unter Kontrolle und durfte sich alsdann über sein erstes Bundesligator freuen. Die Ecke von Honorat verwertete er mit einem Bilderbuchkopfball. Kurz darauf eroberte er kurz vor der Mittellinie den Ball, startete durch und spielte Doppelpass mit Plea. Der Schuss mit dem Innenrist wurde, weil abgefälscht, gefährlich für Trapp. Nach der Pause erlitt er nach einem Zusammenstoß mit Götze einen Cut am Auge. In den langen Phasen des tiefen Verteidigens war Wöber als Organisator sehr präsent. Bei der Zweikampfführung wurde er jedoch unsauber und sah für das dritte Foul innerhalb kurzer Zeit in der 70. Minute die Gelbe Karte. In der 88. Minute kam der 25-Jährige gegen Chaïbi zu spät und trat ihm auf den Fuß – die Gelb-Rote Karte war die logische Konsequenz und letztlich der Anfang vom Ende des Auswärtssiegs. Note 3,5.

Julian Weigl: Der Kapitän machte in zentraler Rolle vor der Abwehr über weite Strecken ein gewohnt ordentliches Spiel. Er profitierte von der kompakten Staffelung und konnte somit einfacher sich ergebende Lücken schließen. In der Spieleröffnung war Weigl unauffällig, aber bei vier, fünf guten Angriffen war sein erster Pass die Grundlage. Ein Schuss des 28-Jährigen war harmlos und geriet deutlich zu hoch. Bei Frankfurts erster Chance nach einer Ecke sah Weigl im Kopfballduell gegen Tuta schlecht aus. Im zweiten Durchgang arbeitete Weigl weiter solide, büßte aber am Ende in Unterzahl an Souveränität ein. Sein misslungener Klärungspass leitete Frankfurts Angriff zum Ausgleich ein und beim Siegtreffer verharrte er ohne Mannorientierung im Strafraum. Note 3,5.

Franck Honorat: In den ersten zehn Minuten war der Franzose rechts offensiv unterwegs und nicht von ungefähr lief der Ball in dieser Phase bei den Borussen sehr ordentlich. Dann zog er sich bei gegnerischem Ballbesitz wieder zurück und komplettierte die Fünferkette. Damit war dem Gladbacher Spiel viel genommen, auch wenn sich der 27-Jährige immer wieder auf den weiten Weg machte, um sich auf dem Flügel anzubieten. Dennoch blieb ein Standard die beste Offensivaktion: Mit der präzisen Ecke auf Wöber legte Honorat bereits zum achten Mal in dieser Saison für ein Tor auf. Nach der Pause bereitete er bei einem Konter die Koné-Chance vor. In der Defensive war Honorat sehr aufmerksam und entschlossen, auch wenn er in der 59. Minute einmal von einem Steckpass in seinen Rücken überrascht wurde. Mit seiner Auswechslung in der 90. Minute wurde für die Nachspielzeit die rechte Seite geöffnet, was Frankfurt weidlich ausnutze. Note 3,0.

Rocco Reitz: Der Shootingstar der letzten Monate konnte sich in Frankfurt nicht so in Szene setzen wie zuletzt. An Laufbreitschaft mangelte es nicht, aber es unterliefen ihm eine ungewohnt hohe Anzahl an unglücklichen Aktionen. Die Bälle versprangen, es gab Missverständnisse oder Fehlpässe. Mit einem misslungenen Rückpass auf Scally leitete Reitz die erste Frankfurter Chance nach der Pause ein. Ein paar Mal ruderte der 21-Jährige mit den Armen, weil er mit sich und der Welt unzufrieden war. Dennoch trug er mit seiner Arbeit gegen den Ball viel zur Stabilität bei. Das wurde einem erst richtig klar, als Reitz nach 77 Minuten für Kramer vom Platz ging, was der Statik im Mittelfeld nicht zuträglich war. Note 4,0.

Manu Koné: Kam nur schleppend in die Partie und sowohl in der Offensive als auch bei den Defensivduellen fehlte ihm die Konsequenz. Im Verlauf des ersten Durchgangs versuchte er es mit einigen seiner typischen Antritte, lief sich aber fest. Kurz nach der Pause sah er Gelb, nachdem er Tuta auf den Fuß gestiegen war. Offensiv hatte der 22-Jährige die beiden einzigen Chancen der Borussia nach der Pause. Nach Ablage von Honorat schoss Koné flach am Tor vorbei (61.) und nach der schönen Vorarbeit von Netz zielte er überhastet drüber (73.). Koné führte zwar viele Zweikämpfe, blieb aber zu oft zweiter Sieger. Miserabel war sein Verhalten beim Ausgleich, als er neben Flankengeber Nkounkou her trabte und keine Anstalten machte, ihn zu stören. Den einzigen Entlastungsangriff der Nachspielzeit verdarb Koné durch einen Fehlpass ins Seitenaus. Note 5,0.

Luca Netz: Tauchte zu Beginn einmal kurz vorne auf, spielte dann aber mit klar defensiver Ausrichtung als linker Verteidiger in der Kette. Einmal entwischte ihm Knauff in seinem Rücken, ansonsten verteidigte Netz aufmerksam. In den direkten Duellen wirkte Netz stabiler als noch zu Saisonbeginn. Nach der Pause knallte er mit Nicolas zusammen, konnte aber weiterspielen. Kurz darauf klärte er einmal wichtig bei einer Hereingabe von Max. Offensiv trat der 20-Jährige nur einmal in Erscheinung, als er mit einer starken Bewegung von links in den Strafraum zog und klug auf Koné ablegte, der jedoch verzog. In der chaotischen Nachspielzeit zahlte Netz Lehrgeld, als er Buta in seinem Rücken unbeachtet zum Ausgleich köpfen ließ. Note 4,0.

Alassane Plea: Kein guter Auftritt von Borussias Spielmacher. Die Frankfurter markierten ihn konsequent und er hatte nur wenig Raum und noch weniger Zeit, um sich zu entfalten. Entsprechend missrieten viele Versuche, das Spiel zu beschleunigen, was Plea sichtlich ärgerte. Anders als in früheren Zeiten ließ er sich aber nicht hängen, sondern arbeitete weiter mit. Die beste Aktion des Franzosen war das Anspiel auf Wöber vor dessen Schusschance in der ersten Halbzeit. Nach der Pause, als das Gladbacher Offensivspiel immer weniger wurde, war Plea nur zu Beginn präsent. Dennoch hätte man ihm am ehesten noch einen Geistesblitz für den entscheidenden Konter zum 2:0 zugetraut. Doch nach 77 Minuten wurde er von Čvančara abgelöst. Note 4,0. 

Robin Hack: Hatte sich mit seiner ordentlichen Leistung gegen Bremen den Startplatz verdient und ging von Beginn an mit einem hohen Aufwand zur Sache. Er war sehr umtriebig, machte weite Wege und beschäftigte die Frankfurter. Das war letztlich nicht von Erfolg gekrönt, auch weil Hack insgesamt am Ball zu hibbelig agierte und sich damit einige Male selbst im Weg stand. Zwei, drei guten Ansätzen standen einige Ballverluste und überhastete Abschlussversuche entgegen. Dennoch hielt der 25-Jährige die Frankfurter auf Trab und das war mehr, als nach seiner Auswechslung in der 62. Minute passierte. Note 4,0.

Nathan Ngoumou (63. Minute für Hack): Ein lethargischer Auftritt des Franzosen, der fast als Arbeitsverweigerung eingeordnet werden kann. Eigentlich wäre er mit seiner Schnelligkeit für Konter prädestiniert, doch er ging auf Tauchstation und hatte in seinen 27 Minuten Einsatzzeit gerade mal fünf Ballaktionen. Es war schon peinlich, wie sich Ngoumou an der Seitenlinie im Zweikampf von Koch einschüchtern ließ. In Unterzahl wurde der 23-Jährige wieder ausgewechselt. Ohne Note.

Tomáš Čvančara (77. Minute für Plea): Auch dieser Wechsel verpuffte wirkungslos. Čvančara ging zu Beginn einmal in die Tiefe und spielte kurz darauf in der eigenen Hälfte mit der Hacke zum Mitspieler. Ansonsten versteckte sich der Tscheche zwischen den Linien und bot den verzweifelt verteidigenden Kollegen keinerlei Optionen für Entlastung. Ohne Note. 

Christoph Kramer (77. Minute für Reitz): Es war schon bezeichnend, dass Kramer einen diesmal mäßigen Reitz nicht ersetzen konnte und in Bezug auf die Intensität in der Defensivarbeit sogar eine deutliche Verschlechterung eintrat. Kramer konnte weder für Ballkontrolle sorgen, noch in Unterzahl etwas ordnen. Bei beiden Gegentoren war er nur interessierter Beobachter im freien Raum – insbesondere bei der Entstehung des zweiten Tores schlief er vor sich hin und ignorierte die Frankfurter Überzahl in seinem Rücken.  Ohne Note. 

Fabio Chiarodia (90. Minute für Honorat): Hatte die undankbare Aufgabe, sich in Unterzahl in einer unorganisierten Hintermannschaft einzufinden. Beim ersten Gegentor wirkte es so, als hätte Chiarodia den Kopfball von Buta noch klären können, wenn er etwas energischer hochgesprungen wäre. Kurz darauf rettete er in höchster Not gegen Ngankam, doch nach der nächsten scharfen Flanke in den Strafraum war er auf der falschen Seite zu Koch positioniert und erzielte ein halbes Eigentor. Ohne Note. 

Marvin Friedrich (90. Minute für Ngoumou): Wirkte in den wenigen Minuten etwas kopflos, auch wenn ihm kein entscheidender Stellungsfehler unterlief. Aber zur Ordnung konnte der 28-Jährige auch nichts beitragen. Ohne Note.

von Redaktion TORfabrik.de – Foto: Getty Images