3. Mai 2024

Einzelkritik: Borussia lässt den Sieg in Freiburg liegen

Fast hätte es Borussia Mönchengladbach geschafft, mit einer über 25 Minuten guten Leistung die Horrorserie in Freiburg zu beenden. Doch am Ende reichte es erneut nicht für den Sieg im Breisgau, weil Freiburg zwar glücklich, aber vollkommen verdient zum Ausgleich in letzter Sekunde kam. Die Einzelkritik:

Moritz Nicolas: Hielt seine Mannschaft in der Anfangsphase im Spiel, als er bereits nach zwei Minuten mit einem Fußreflex klärte und kurz darauf davon profitierte, dass Höler bei seiner hundertprozentigen Chance nicht konsequent abschloss. Beim Gegentor wenig später war Nicolas machtlos. In der Folgezeit kam nichts mehr auf das Tor des 26-Jährigen, der dafür oftmals als Anspielstation im Aufbauspiel eingebunden war. Die langen Bälle, zu denen er mehrfach genötigt wurde, verpufften fast ausnahmslos. Nach etwas mehr als einer Stunde hielt Nicolas einen Grifo-Schuss fest und danach herrschte vor ihm Dauerbetrieb. Beim zweiten Freiburger Treffer war er chancenlos. Hohe Bälle pflückte Nicolas sicher, allerdings unterlief er eine Flanke, als Chiarodia zweimal gegen Gregoritsch retten musste. Beim Elfmeter in der Schlusssekunde hatte er die richtige Ecke und auch noch die Fingerspitzen am Ball – den Einschlag konnte er jedoch nicht verhindern. Note 2,5.

Joe Scally: Hatte zu Beginn sichtliche Probleme. Schon bei der ersten Chance der Freiburger orientierte sich der US-Amerikaner einen Tick zu zögerlich von seinem Mann weg hin zu Röhl und auch bei Hölers Großchance nach der verlängerten Ecke war Scally nicht auf der Höhe. Beim 0:1 erkannte er die sich anbahnende Gefahr zu spät und verpasste den Moment, mit einem Sprint möglicherweise noch eingreifen zu können. Danach stabilisierte sich der 20-Jährige im Positionsspiel, wobei die Abstimmung mit Honorat alles andere als optimal war. Vorne probierte es Scally mit zwei unzureichenden Flankenversuchen. Nach der Pause war er ausschließlich defensiv gefordert, wobei er zwar keine groben Fehler machte, aber auch kaum in die Zweikämpfe kam, um die zahlreichen Flanken der Freiburger zu unterbinden. Note 4,0.

Nico Elvedi: Nach wenigen Sekunden rutschte ihm im Kopfballduell mit Höler der Ball über den Kopf, sodass es zur Chance für Röhl kam. Beim 0:1 blieb Elvedi im Raum zwischen Wöber und Höler, der letztlich unbedrängt vollenden konnte. Mit einer energischen Aktion bereitete der Schweizer alsdann die erste Chance von Plea vor. Ein so zielstrebiges Verhalten würde man sich öfter wünschen, aber Elvedi unterlief kurz darauf ein haarsträubender Fehlpass und anschließend beließ er es bei einem biederen und teilweise hölzern anmutenden Aufbauspiel. Defensiv machte es Elvedi danach weitestgehend ordentlich, gerade im zweiten Durchgang stand er einige Male richtig und klärte. Beim Anschlusstor der Freiburger kam der 27-Jährige nicht mehr rechtzeitig hin, um noch eingreifen zu können. Note 4,0.

Maximilian Wöber: Kein gutes Spiel des Österreichers, der mehrfach nicht gut postiert war. So entscheidend beim 0:1, als er zu spät erkannte, dass Röhl in seinem Rücken durchgelaufen war. Wöber versuchte zwar noch alles, kam mit seiner Grätsche letztlich aber zu spät. In mehreren Situationen fehlte Wöber die sonst gewohnte Konsequenz. So ließ er Lienhart vor der Höler-Großchance den Eckball verlängern, später bereitete er mit seinem Querschläger den Anschlusstreffer der Freiburger vor und auch vor der Elfmetersituation am Ende hätte er vehementer klären können. Mit einem rigoros gewonnenen Zweikampf stand der 25-Jährige an der Basis des Angriffs zum Plea-Tor. Im Aufbauspiel war er gemeinsam mit Elvedi sehr zurückhaltend. Gelungen waren zwei Chippässe auf Netz, wovon einer zur Elfmetersituation führte. Note 4,5.

Luca Netz: Kam auch nur schwer in die Partie und in der Anfangsphase unterliefen ihm zwei hanebüchene technische Fehler. Im weiteren Verlauf sammelte Netz in der Offensive Pluspunkte mit der Kopfballvorlage auf Jordan zum 1:0 und seine Flanke auf Jordan hatte letztlich den Elfmeterpfiff zur Folge. Als Linksverteidiger machte Netz es für seine Verhältnisse mehr als ordentlich, gerade im Timing und Stellungsspiel wirkte er verbessert. Mit seinem Ballgewinn leitete der 20-Jährige nach der Pause den Angriff zur Chance von Hack ein. Für ein taktisches Foul sah Netz Gelb und wurde wohl auch deshalb zehn Minuten vor Schluss gegen Chiarodia ausgetauscht. Note 3,5.

Julian Weigl: Klärte gleich zu Beginn gegen Grifo zur Ecke und hatte zunächst einige Mühe, gemeinsam mit Reitz das Zentrum zu schließen. Als sich Borussias Ballbesitzphasen häuften, war Weigl erstaunlich wenig zu sehen. Doch dann bereitete er mit seinem feinen Chipball auf Netz den Ausgleich vor und mit seinem überlegten Zuspiel schickte er Plea vor dem 2:1 auf die Reise. Beim Elfmeter übernahm der Kapitän die Verantwortung und scheiterte zunächst mit einem schwachen Schuss. Bei der Wiederholung behielt er die Nerven und schoss präzise flach ins Eck. Nach der Pause arbeitete Weigl unermüdlich und war der Borusse, der die meisten Kilometer abriss. Stellungsspiel und Zweikampfpräsenz waren in Ordnung, auch wenn der 28-Jährige nicht der Abräumer war, den man sich bei solchen Abwehrschlachten wünschen würde. Note 3,5.

Rocco Reitz: Wirkte in der Startphase in der Rückwärtsbewegung etwas sorglos und schenkte Röhl weder bei dessen Chance in der zweiten Minute noch vor dem 0:1 wirkliche Beachtung. Danach fand Reitz über einige bissige Zweikämpfe ins Spiel. Während der längeren Ballbesitzphasen versuchte er sich einzubringen und postierte sich im Aufbau auch mal zwischen den Innenverteidigern. Im Passspiel war die Streuung etwas zu hoch, wobei die Ideen hinter seinen Aktionen nicht schlecht waren. Im zweiten Durchgang arbeitete der 21-Jährige emsig in der Defensive und machte viele Wege. Nennenswerte Impulse bei eigenem Ballbesitz konnte er allerdings auch nicht geben. Note 3,5.

Franck Honorat:  Fiel in den ersten 25 Minuten hauptsächlich dadurch auf, dass er suchend umherlief. Dass der Franzose kein Defensivspieler ist und ihm das Gefühl für die Situation fehlt, war u. a. bei der Röhl-Chance direkt zu Beginn zu sehen. Honorat war sich zwar nie für den Weg nach hinten zu schade, aber eine wirkliche Hilfe war er für Scally & Co. nicht. In der Offensive konnte sich der 27-Jährige auch nicht hervortun – einige gute Ansätze verpufften durch ungenaue Fortsetzungen. Mit seinem kurz ausgeführten Freistoß auf Weigl war er immerhin an der Entstehung des Ausgleichs beteiligt. Nach der Pause hatte er mit Freiburgs Einwechselspieler Makengo einiges zu tun und konnte sich offensiv gar nicht mehr entfalten. Nach achtzig Minuten war Feierabend für Honorat. Note 4,5.

Alassane Plea: War zunächst überhaupt nicht im Spiel und meist nicht mal in Ballnähe. Die Ausnahme war in der 9. Minute der Sololauf nach Zuspiel von Elvedi, als er flach am Tor vorbeischoss. Danach war wieder nicht viel von Plea zu sehen, ehe er sein tolles Solo zum 2:1 startete. Das Grundtempo war schon hoch und die entscheidende Beschleunigung nach links war nicht nur für Gegenspieler Lienhart überraschend. Die Abrundung war überlegt und präzise – einfach großartig. Danach war der Franzose ‘on fire’ und hatte noch einige gute Aktionen. Nach der Pause eher als hängende Spitze in der ‘Jordan-Rolle’ agierte er wieder deutlich unauffälliger und lief nach einem fiesen Tritt von Ex-Kollege Ginter nicht mehr ganz rund. Nach 71 Minuten wurde er durch Čvančara ersetzt. Note 2,5.

Nathan Ngoumou: Es bleibt dabei, dass sich Ngoumou auf der linken Seite sichtlich unwohler fühlt und schwerer zurechtfindet, als auf rechts. In der Defensive machte er es grundsätzlich nicht so schlecht, aber das Timing und die Abstimmung mit Netz und Wöber waren nicht optimal. Auf dem Weg nach vorn fehlte es an Ballfestigkeit und der letzten Entschlossenheit. Mit dem Pausenpfiff traf Ngoumou nach Reitz-Pass den Pfosten, stand dabei aber im Abseits. Nach der Pause gab er einen harmlosen Torschuss ab und leitete mit seinem Pass auf Hack die einzige nennenswerte Torchance ein. In Kontersituationen kam Ngoumou nicht – obwohl Freiburg den Druck erhöhte und eigentlich Räume da waren, um die Schnelligkeit von Ngoumou gewinnbringend auszunutzen. Stattdessen wurde er in der 70. Minute gegen Friedrich ausgetauscht. Note 4,5.

Jordan: Auch er trat in der Anfangsphase nicht in Erscheinung, meldete sich dann mit einem ersten Kopfball und erzielte kurz darauf per Kopf den Ausgleich. Sein Durchsetzungsvermögen und die Standfestigkeit in den Duellen sind Faktoren, die Borussia sehr gut tun. Herausragend auch Jordans Laufweg vor dem 2:1, als er kreuzte, sodass sich Höler nicht zu Plea orientieren konnte und Lienhart für den entscheidenden Moment verwirrt war, was Plea mit seiner Beschleunigung ausnutzte. Kurz darauf legte der 27-Jährige gut für Plea auf, bevor er dann im Strafraum von Lienhart gehalten und umgerissen wurde. Der Elfmeter war komplett berechtigt, doch leider verletzte sich Jordan bei der Aktion an den Adduktoren und musste noch vor der Pause ausgewechselt werden. Note 2,5.

Robin Hack (40. Minute für Jordan): Kam für den verletzten Jordan, übernahm aber eher die Plea-Rolle, während dieser nun zentraler agierte. Hack brachte Tempo und eine gewisse Umtriebigkeit mit, doch seine Aktionen waren letztlich zu durchschaubar. Sehr ordentlich war sein Schuss von der Strafraumkante nach einer Stunde, was gleichzeitig auch die erste und letzte klare Chance der Borussen im zweiten Durchgang war. Hack war viel unterwegs, konnte aber nicht für Entlastung sorgen. Note 4,0.

Tomáš Čvančara (71. Minute für Plea): Strahlte keinerlei Gefahr aus, wirkte unbeholfen bei der Ballbehandlung und hätte um ein Haar per Kopf ein Eigentor erzielt – die Latte rettete. Ohne Note. 

Marvin Friedrich (71. Minute für Ngoumou): Mit seiner Einwechslung wurde auf Fünferkette umgestellt. Friedrich spielte zunächst vorne einen gar nicht mal so schlechten Chip-Pass, ehe er im Defensivgetümmel verschwand. Er besetzte den Raum, führte aber keine Zweikämpfe und hatte am Ende fünf Ballkontakte. Ohne Note. 

Fabio Chiarodia (80. Minute für Netz): Fügte sich in der tief stehenden Abwehrreihe auf links gut ein und war präsent im Zweikampf. Nach der von Nicolas unterlaufenen Grifo-Ecke blockte Chiarodia zunächst gegen Gregoritsch, um dann auch den Rebound des Österreichers per Kopf zu klären. Großes Pech für den 18-Jährigen, dass er den Elfmeter verursachte. Er hätte wegbleiben oder aber selbst abheben können, denn Weißhaupts Aktion hätte man auch als gefährliches Spiel mit offener Sohle bewerten können. So aber war die Entscheidung von Brych nicht falsch und daher erfolgte auch kein Eingriff des VAR. Ohne Note. 

Christoph Kramer (80. Minute für Honorat): Sollte helfen, den Vorsprung über die Zeit zu bringen und vermutlich für Entlastung in Form von Ballbesitz sorgen. Die Statistik weist einen Zweikampf aus, den Kramer verlor und darüber hinaus hatte er zwei Ballkontakte in zehn Minuten plus Nachspielzeit. Ohne Note. 

von Redaktion TORfabrik.de – Foto: Getty Images