2. Mai 2024

Einzelkritik: Eine Achterbahnfahrt zum Auftakt in die Liga

Beim wilden Spiel in Augsburg zeigte Borussia Mönchengladbach ansprechende Qualitäten, offenbarte gleichzeitig aber auch einige Schwächen. Entsprechend fällt die Einzelkritik zu diesem Spektakel relativ ausgeglichen aus.

Jonas Omlin: In seinem ersten Bundesligaspiel als Kapitän der Borussia musste Omlin viermal hinter sich greifen. Beim ersten Gegentor wurde er vom präzisen und wuchtigen Distanzschuss überrascht und konnte nichts ausrichten, beim zweiten Treffer der Augsburger kam Omlin nicht mehr rechtzeitig hin, um das Eck zuzumachen. Den Elfmeter von Michel hätte der Schweizer fast pariert – er hatte die Ecke geahnt und streckte sich perfekt. Dennoch bekam er nur noch hauchzart die Fingerspitzen an den scharf geschossenen Ball, was nicht ausreichte. Keines dieser Gegentore kann man Omlin anlasten, beim vierten Einschlag sah er jedoch nicht gut aus, als er den Schuss von Landsmann Vargas nah am Körper passieren ließ. Dafür bewahrte der 29-Jährige seine Mannschaft vier Minuten später mit einem grandiosen Reflex beim abgefälschten Schuss von Beljo vor dem fünften Gegentor. Als mitspielender Torwart war Omlin gewohnt sicher und ließ einmal einen Augsburger gekonnt aussteigen. Mit seinem präzisen Abschlag auf Ngoumou vor dem dritten Gladbacher Tor heimste er einen Assist ein. Die weiteren langen Bälle fanden allerdings nur selten einen Abnehmer, sodass die Statistik eine ausbaufähige Passquote von 58 % aufweist. Note 3,5.

Joe Scally: Konnte auf seiner Seite mit einigen Klärungen gefallen, als er beherzt zur Sache ging. Timing und Stellungsspiel des US-Amerikaners waren allerdings nicht immer optimal und auch die Abstimmung mit Honorat wirkte noch unausgereift. Im Offensivspiel war Scally unauffällig, wobei ihm einige überhastete Fehlpässe unterliefen. Beim zweiten Augsburger Tor verschätzte er sich entscheidend beim Kopfballduell und vor dem vierten Gegentor war er mit seinem Querschläger ebenfalls bedeutend involviert. Nach den Wechseln und Umstellungen am Ende spielte der 20-Jährige links in der Dreierformation. Note 4,5.

Ko Itakura: War diesmal wieder in der Innenverteidigung gefordert, wo er über weite Strecken einen soliden Job machte. Mit seinem ersten Bundesligator sorgte er per Kopf für die Führung der Borussia. Ein weiterer Kopfball im Anschluss an eine Ecke war nicht präzise genug. Itakura hatte stellenweise kleinere Probleme im Zweikampf, woraus Augsburg letztlich jedoch kein Kapital schlagen konnte. Ungewöhnlich, dass der Japaner in den Luftduellen mehrfach unterlegen war. Nach 70 Minuten lag der 26-Jährige mit einem Krampf am Boden, kurz darauf machte er Platz für Friedrich. Note 3,5.

Maximilian Wöber: Bundesligadebüt für den Österreicher. Er wirkte gut integriert und war auch von der Körpersprache her präsent. Dass nicht alle Abläufe tadellos über die Bühne gingen und es vereinzelt kleinere und größere Missverständnisse mit den Kollegen gab, war nachvollziehbar. Durch den indisponierten Netz neben sich auf der linken Seite geriet der 25-Jährige einige Male in Not. Bei den drei Gegentoren aus dem Spiel heraus war Wöber jeweils in der Nähe, vermochte aber nicht mehr entscheidend einzugreifen. In der Spieleröffnung machte es Wöber solide, wobei einige Versuche missglückten, wenn er den langen Pass spielen wollte. Note 3,5.

Luca Netz: Seine Nominierung ergab insoweit Sinn, als er vom Tempo her mit dem schnellen Vargas mithalten konnte. Allerdings wurde einmal mehr überdeutlich, dass dem 20-Jährigen grundlegende Defensivqualitäten fehlen. Er war mehrfach richtiggehend orientierungslos, ließ sich einfach aus der Position locken und noch einfacher ausspielen. Augsburg hatte seine Seite richtigerweise als Schwachstelle ausgemacht. Beim ersten Gegentor kam Netz nicht schnell genug in Position und auch beim vierten Treffer war er zu weit weg vom Geschehen. Mit dem überflüssigen Nachhaken verursachte Netz den zwar umstrittenen Elfmeter, doch die Situation war ursächlich seiner Ungeschicklichkeit im Zweikampf geschuldet. Note 5,0.

Julian Weigl: Legte die vom Trainer geforderte Intensität in den Zweikämpfen an den Tag, auch wenn in einigen Duellen noch Luft nach oben war. Dennoch war schon gut zu erkennen, wie Weigl künftig agieren soll. Einige Ballgewinne gelangen dem Vize-Kapitän, dazu gab er mit seinem Schnittstellenpass den Assist zum ersten Tor von Cvancara. Der Versuch, schneller vertikal zu spielen als bislang, brachte ein paar Fehlpässe mit sich, was aber in der Natur der Sache lag. Die Abstimmung mit Neuhaus war in Ordnung, allerdings war es für die Augsburger mehrfach zu leicht, an den Gladbacher Strafraum zu kommen. Das muss sich auch Weigl ankreiden lassen. Note 3,5.

Florian Neuhaus: Nach einer Halbzeit im Pokal durfte Neuhaus zum Bundesligastart in der Startelf neben Weigl ran. Er war bemüht und ließ in einigen Situationen seine feine Technik und Übersicht aufblitzen – so bei einer Seitenverlagerung und einem weiteren klugen Vertikalpass. Vor dem 2:0 eroberte er mit gutem Offensivpressing entscheidend den Ball. Problematisch war das Zweikampfverhalten des 26-Jährigen in der eigenen Hälfte. Da fehlte es an Griffigkeit und Konsequenz, sodass Augsburg vielfach bis an den Gladbacher Strafraum kam, ohne dabei besonders kreativ sein zu müssen. Mit einem guten Distanzschuss hatte Neuhaus in der 66. Minute die letzte Gladbacher Chance aus dem Spiel heraus. Note 4,0.

Franck Honorat: Bereitete mit seiner Ecke das Tor von Itakura vor und heimste damit im ersten Bundesligaspiel den ersten Assist ein. Auch darüber hinaus war Honorat über weite Strecken auf der rechten Seite ein belebender Faktor, weil er viele Wege machte und die stets im hohen Tempo. Honorat konnte sich zwar nicht immer durchsetzen, blieb aber latent gefährlich. Der Franzose machte auch die Wege mit nach hinten, wobei die Koordinierung mit Scally weiterhin nicht einwandfrei funktioniert. Im Verlauf der zweiten Hälfte konnte sich der 27-Jährige weniger durchsetzen, was auch mit sichtlich schwindenden Kräften zu tun hatte. Mit 11 Kilometern war Honorat hinter Weigl der laufstärkste Borusse. Note 3,0.

Alassane Plea: Agierte wieder in der zentralen Spielmacherrolle, wobei er gegen den Ball neben Cvancara den ersten Anläufer des gegnerischen Aufbauspiels gab. Plea hatte zunächst allerdings wenig Aktionen und war kaum eingebunden, weil Borussia fast ausschließlich mit weiten Bällen in die Spitze operierte. Erst allmählich konnte der 30-Jährige mehr Einfluss aufs Spiel nehmen und ein paar schlaue Spielfortsetzungen gefielen. So richtig konnte Plea dem Spiel aber auch nach der Pause nicht seinen Stempel aufdrücken. Gelungen war das Zuspiel auf Ngoumou vor dessen Großchance, ein Schussversuch von Plea geriet zu harmlos. Eine Viertelstunde vor Schluss wurde er durch Hack ersetzt. Note 4,0.

Nathan Ngoumou: Nicht überraschend, dass der Franzose mit 35 Sprints in dieser Disziplin der beste Borusse war. Er brachte seine Schnelligkeit immer wieder gefährlich aufs Parkett, setzte mehrfach gut nach und sorgte bei den Augsburgern für einiges Kopfzerbrechen. Höhepunkt natürlich das Tor zum 3:1, als sich Ngoumou den langen Ball von Omlin selbst vorlegte, durchstartete und eiskalt mit rechts vollendete. Kurz nach der Pause hatte der 23-Jährige die Großchance auf seinen zweiten Treffer, als er eigentlich alles richtig machte, aber Dorsch im allerletzten Moment per Grätsche rettete. Danach kam Ngoumou nicht mehr so richtig durch, auch wenn er noch einige weitere Sprints anzog. Vereinzelt traf er etwas überhastet die falsche Entscheidung bei seinen Laufwegen. Note 2,5.

Tomáš Cvancara: Seine Präsenz war keineswegs auf den gegnerischen Strafraum beschränkt. Der Tscheche ließ sich mehrfach zurückfallen, dribbelte an oder kombinierte mit und suchte dann den direkten Weg in die Box. Kurz nach der Führung setzte er gut nach und hätte fast seinen Premierentreffer erzielt, als Keeper Dahmen ihn anschoss. Kurz darauf war es dann so weit: Cvancara fackelte nach dem Zuspiel von Weigl nicht lange und knallte den Ball ins kurze Eck. Mit Tempo und Körperlichkeit beeindruckte der 23-Jährige, der sich auch bei den Gegenspielern Respekt verschaffte. Für einen Schubser bei einem Gerangel sah er die Gelbe Karte. Im zweiten Durchgang kam Cvancara nicht mehr so sehr zur Geltung, blieb aber wach und ein anhaltender Unruhefaktor für die Augsburger. In der Nachspielzeit übernahm er selbstbewusst die Verantwortung und verwandelte den Elfmeter nervenstark. Note 2,0.

Marvin Friedrich (75. Minute für Itakura): Musste unmittelbar nach seiner Einwechslung das vierte Augsburger Tor miterleben. Kam noch auf 24 Ballkontakte, wobei seinen Pässen mehrfach die Präzision fehlte. Friedrich konnte den Abschluss von Beljo nicht mehr verhindern und fälschte den Schuss noch gefährlich ab, wobei er laut Statistik in dieser Szene mit beachtlichen 31,1 km/h gesprintet war. Ohne Note.

Robin Hack (75. Minute für Plea): War in der teilweise wilden Endphase bemüht, etwas zu bewegen. Seine Hereingabe von der rechten Seite ermöglichte die Elfmetersituation. Ohne Note.

Yvandro Borges Sanches (86. Minute für Ngoumou): Agierte ein wenig überhastet und beging zwei Fouls. Wurde dann von Vargas vermeintlich getroffen und holte so den Elfmeter zum Ausgleich raus. Ohne Note.

Grant-Leon Ranos (86. Minute für Netz): Kam nicht in Abschlusspostion und vermochte sich in den Zweikämpfen nicht zu behaupten. Vor dem Elfmeter verlängerte er den Ball unfreiwillig in Richtung Borges Sanches und Vargas. Ohne Note. 

Rocco Reitz (90. Minute für Neuhaus): Führte sich mit einem knackigen Zweikampf ein und wirkte in der kurzen Zeit sehr giftig. Ohne Note.

von Redaktion TORfabrik.de | Foto: Christof Stache – Getty Images