26. April 2024

Einzelkritik: Ohne Frische reicht es für Borussia nur zum Remis

Borussia Mönchengladbach bewegt sich am Belastungslimit, was beim Remis gegen Hertha BSC deutlich wurde. Ohne die nötige Frische und mit rotationsbedingten Notlösungen war mehr nicht drin. Die Einzelkritik:

Tobias Sippel: Erstmals seit Februar 2018 stand der 32-Jährige wieder in einem Bundesligaspiel zwischen den Pfosten. Als mitspielender Keeper schlug er den ersten Pass ins Seitenaus, ansonsten löste er die Aufgaben jedoch solide. Bei einem langen Ball in den Sechzehner lief Sippel entschlossen weit zur Seite raus und klärte mit der Faust vor Embolo und zwei Herthanern zum Einwurf. Einen Flachschuss von Piatek lenkte er zur Ecke – da musste Sippel ran, auch wenn der Ball wohl auch so am Tor vorbei geflogen wäre. Nach einem Steilpass der Berliner klärte er per Kopf außerhalb des Strafraums, ein weiterer Ausflug wäre gegen Piatek fast ins Auge gegangen, doch Elvedi bereinigte die Situation. Beim Gegentor hatte Sippel absolut keine Abwehrchance. Etwas später parierte er einen Lukebakio-Schuss mit einer sehenswerten Flugeinlage. Unter dem Strich eine sehr ordentliche Vorstellung und der Nachweis, dass auf ihn Verlass ist. Note 2,5.

Valentino Lazaro: Startete als Rechtsverteidiger für Lainer und führte sich gleich mit einem Fehlpass in die Mitte ein. Nach knapp einer Viertelstunde folgte ein weiterer hochriskanter Ballverlust vor dem eigenen Sechzehner. Defensiv machte es Lazaro ordentlich, im Spiel nach vorne deutete er zwei-, dreimal etwas an, konnte sich aber letztlich nicht wirklich durchsetzen. Ein scharfer Freistoß des Österreichers auf den ersten Pfosten wurde von einem Berliner zur Ecke geklärt. Beim Gegentor kam der 24-Jährige nicht mehr rechtzeitig hin, um Guendouzi noch zu stören. Seine Flanke in Richtung Herrmann führte zur Chance von Wolf/Zakaria. Als Lainer kam, rückte Lazaro auf die linke Seite. Dort fühlte er sich augenscheinlich wohler, was aber auch daran lag, dass dies in Borussias stärkster Phase war und Lazaro sich einige Male zeigen konnte – u.a. mit einem guten Lauf im Sechzehner an die Grundlinie. Der Ex-Herthaner sah noch Gelb für Ballwegschlagen und musste am Ende seines ersten Bundesligaspiels über die volle Distanz ordentlich ‘pumpen’. Note 3,5.

Matthias Ginter: Präsentierte sich nach der schwachen Leistung von Madrid gefestigt, wurde allerdings auch von den Berliner Angreifern nur ansatzweise gefordert. Es waren zwar einige harte und für Ginter schmerzhafte Duelle dabei, doch er behielt meist die Oberhand. Gelungen war sein Stellungsspiel – zwei, drei Schnittstellenpässe fing er aufmerksam ab. Nach einer Berliner Ecke räumte der 26-Jährige mit einem guten Kopfball auf, später beförderte er zwei Kopfbälle beim Klärungsversuch zentral an den Sechzehner zu einem Gegenspieler. Nach der Pause suchte Ginter vermehrt den Anschluss nach vorne – mit einem schönen Pass bereitete er die Herrmann-Chance vor. Beim Ausgleichstor gab er den Assist, als er per Kopf umsichtig in die Mitte auf Embolo ablegte. Note 3,0.

Nico Elvedi: Begann mit einer guten Aktion, als er durchaus mutig andribbelte und den Ball über die Mittellinie trieb und Zakaria anspielte. Zwei- oder dreimal zeigte er ähnliche Aktionen, meist beschränkte sich der Schweizer im Passspiel jedoch auf die risikolose Variante. In den Laufduellen mit den Berlinern war er zur Stelle, am Ende des ersten Durchgangs bereinigte Elvedi die etwas kritische Situation bei einem Ausflug von Sippel. Nach der Pause blockte er bei einem Berliner Konter im entscheidenden Moment, bevor wirklich Gefahr entstehen konnte. Vor der Lukebakio-Chance war Elvedi aufgerückt und ließ sich überspielen. In den letzten zwanzig Minuten war beim 24-Jährigen der Substanzverlust überdeutlich zu erkennen. Mehrmals wirkte er im Wortsinn stehend K.o., während ein Gegenspieler an ihm vorbeizog. Note 3,5.

Oscar Wendt: In der Defensive war der Nachmittag im Borussia-Park für den Schweden deutlich angenehmer als zuletzt der Abend in Madrid. Wendt besetzte den Raum und musste nur wenig korrigieren. Bereits früh im Spiel sah er Gelb bei einer ‘Kontervermeidungsgrätsche’ im Mittelfeld, als er eingreifen musste. Ein verhungerter Pass landete in der Mitte beim Gegner, ansonsten war der 35-Jährige zumeist sicher bei seinen Abspielen. Richtig gelungen war ein Pass in den Lauf von Wolf in den Strafraum. Auf dem Weg nach vorne blieb Wendt weitestgehend blass – hier und da verschleppte er das Tempo. Nach 65 Minuten war Schluss – Lainer ersetzte ihn. Note 3,5.

Denis Zakaria: Spielte auf der Doppelsechs neben Neuhaus und startete nach Pass von Elvedi früh zu einem seiner vielversprechenden Läufe. Trotz einiger Ansätze gab es davon im Laufe des Spiels nur wenige – was zeigt, dass der Schweizer noch nach seinem Rhythmus sucht. Als Konterabsicherung nach abgewehrten eigenen Standards war er Gold wert und auch einige Balleroberungen zeigten, dass ‘Zak’ bald wieder der Alte sein könnte. Aber er tauchte auch in einigen Phasen ab und leistete sich diesen folgenschweren Fehler, der das 0:1 ermöglichte. In dieser Situation war es natürlich komplett unnötig, ins Risiko-Dribbling zu gehen. Wichtig, dass der 24-Jährige danach den Kopf hoch nahm und weitermachte. Zakaria hatte vor der Pause einen Torabschluss, als er weit über den Kasten schoss und im zweiten Durchgang verpasste er den verunglückten Direktschuss von Wolf am langen Pfosten nur um eine Fußspitze. Erstmals nach seiner Rückkehr ging Zakaria über die vollen 90 Minuten, was als weiterer Fortschritt zu werten ist. Note 4,0.

Florian Neuhaus: Ein schweres Stück Arbeit wartete auf den Mittelfeldspieler. Er rieb sich in vielen Duellen auf, konnte sich dabei einige Male gut behaupten. Auch als ihm ein Ballverlust an der Mittellinie unterlief, war er rechtzeitig da, um gegen Lukebakio zu korrigieren. Neuhaus ging einige Male erfreulich aggressiv zu Werke. Auch spielerisch gab es das eine oder andere Ausrufezeichen – wie den guten Antritt durch die Mitte mit Pass auf Wendt oder einen Steckpass auf Herrmann. Der Höhepunkt sicherlich sein feiner Lupferpass auf Ginter vor dem Ausgleich. Nach hinten raus lief der 23-Jährige auf Reserve. Bevor er in der 85. Minute ausgewechselt wurde, handelte er sich noch eine Gelbe Karte für ein Foul im Mittelfeld ein. Es war seine fünfte und damit wird er am Dienstag in Frankfurt fehlen – aber wenigstens kann Neuhaus dann den Akku etwas aufladen. Note 3,0.

Patrick Herrmann: Begann rechts im Mittelfeld, wechselte aber früh mit Traoré die Seite oder rückte zeitweise zentral vorne rein. Wie immer war der 29-Jährige mit viel Eifer bei der Sache, konnte sich aber kaum durchsetzen. Nach einem Steckpass von Neuhaus wurde er im Strafraum von seinem physisch starken Gegenspieler einfach weggeblockt. Herrmann schlug eine Vielzahl an Ecken der Kategorie ‘semi-gefährlich’. Anfang der zweiten Halbzeit war Herrmann teilweise der einzige Spieler, der bei eigenen Angriffen konsequent den Strafraum besetzte, aber mit hohen Flanken gegen die Berliner Abwehr-Hünen auf verlorenem Posten stand. Nach einer Stunde hatte Herrmann über halbrechts im Strafraum die Großchance, als er unter Bedrängnis geschickt über den Torwart lupfte, aber ein Berliner kurz vor der Linie retten konnte. Kurz darauf nötigte er Keeper Schwolow mit einem ordentlichen Freistoß zu einer Flugeinlage, ehe er nach 64 Minuten für Plea das Feld räumte. Note 3,5.

Hannes Wolf: Nominell als Zehner aufgeboten, wich Wolf mit großen Laufpensum immer wieder in die Halbräume aus. Dabei waren gute Laufwege und Ideen, die er jedoch nicht konsequent durchziehen konnte. Das lag zum einen daran, dass er immer mal wieder eine Spur zu lässig agierte, was letztlich zu Ballverlusten führte. Zum anderen schmeckte Wolf das physisch kompromisslose Spiel der Berliner Abwehrspieler nicht. So prallte er nach Steckpass von Wendt im Strafraum an Torunarigha förmlich ab. Der Schiedsrichter schützte Wolf auch nicht, so dass er einiges einstecken musste. Als er sich im Zweikampf wehrte, machte er das mit einem zu offensichtlichen Halten und Ziehen. Der 21-Jährige hatte die beste Chance des ersten Durchgangs, als er fulminant und mit starker Schusstechnik aus der Distanz abzog. Leider geriet der Linksschuss ein wenig zu zentral, so dass Schwolow die Hand an den Ball bekam. Nach der Pause hatte Wolf eine Gelegenheit, als er eine abgewehrte Lazaro-Flanke im linken Teil des Strafraums direkt nahm. Er traf den Ball nicht richtig, doch sein Schuss mutierte um ein Haar zu einer Vorlage für Zakaria. Beim Ausgleichstreffer war er mit seinem Lauf von rechts in die Mitte und dem Abspiel auf Neuhaus beteiligt. In der 85. Minute war Feierabend für den Österreicher – Stindl löste ihn ab. Note 4,0.

Ibrahima Traoré: Startelfdebüt für den 32-Jährigen in dieser Saison. Er begann auf der linken Seite, wechselte aber zeitig die Seite mit Herrmann. Die wenigen Aktionen von Traoré waren kaum der Erwähnung wert. Einmal stoppte er mit schlechter Ballkontrolle einen eigenen Angriff, dann flankte er flach zum Gegner oder spielte auf der rechten Seite einen unbedrängten Fehlpass. Ein paar kleinere Weiterleitungen waren okay, aber insgesamt hatte Traoré keine Bindung zum Spiel und war auch bei der Defensivarbeit trotz ordentlicher Laufleistung teilweise richtiggehend orientierungslos. In der 64. Minute erfolgte die überfällige Auswechslung. Note 4,5.

Breel Embolo: Führte Borussia erstmals als Kapitän aufs Feld und ging als zentrale Spitze in die Partie. Schnell wurde deutlich, dass Embolo nicht vorne auf Anspiele warten wollte, sondern sich sehr viel fallen ließ. Das machte er einige Male sehr gut, wenn er Bälle sicherte und weiterleitete. Mehrfach brachte er sich jedoch mit unsauberer Ballbehandlung selbst unter Druck und bezahlte das mit einigen Tritten der Berliner. Nach einer halben Stunde setzte sich Embolo nach einem Einwurf gut an der Grundlinie durch, Keeper Schwolow versperrte letztlich im kurzen Eck den Weg. Den Wolf-Schuss vor der Pause leitete Embolo ein, ebenso war er der Wegbereiter für den missglückten Zakaria-Schuss aus dem Rückraum, als Embolo zuvor gegen vier Berliner im Strafraum ‘wühlte’ und der Klärungsversuch der Herthaner bei Zakaria landete. Nach der Pause mit einigen im Ansatz gefährlichen Aktionen und schließlich mit dem Ausgleichstreffer, als er den Ball mit dem Knie über die Torlinie beförderte. Etwas überraschend ging Embolo über die vollen 90 Minuten. Note 3,0.

Stefan Lainer (64. Minute für Wendt): Der Österreicher übernahm seine gewohnte Position auf der rechten Seite und war fast ausnahmslos vorne zu finden. Dort zwei-, drei gute Kombinationen mit Plea, aber auch mit einigen Missverständnissen mit Plea bei der Raumaufteilung. Lainers Flanken bzw. Hereingaben gerieten mehrfach zu kurz. In der Schlussphase nagelte der 28-Jährige den Ball nach einer abgewehrten Freistoßflanke aus dem Rückraum deutlich über das Tor. Ohne Note.

Marcus Thuram (64. Minute für Traoré): Versuchte einige Male, sich mit seinen typischen ‘Wucht-Dribblings’ über links nach vorne zu tanken. Das gelang hier und da, ohne dass sich daraus jedoch eine Abschlussaktion entwickelte. Ein Schuss des Franzosen von halblinks im Sechzehner flog deutlich über das Tor. Wichtig war ein Defensivkopfball des 23-Jährigen in der Schlussphase. Ohne Note.

Alassane Plea (64. Minute für Herrmann): Kam über die rechte Seite, wo sich seine Wege mehrfach mit dem ebenfalls eingewechselten Lainer kreuzten. Ein paar Kombinationen passten, einige Male standen sie sich aber mehr oder weniger auf den Füßen. Dreimal wurde der Franzose gefoult – zu einem Torabschluss kam er nicht. Ohne Note.

Lars Stindl (85. Minute für Wolf): Der 32-Jährige konnte in den verbleibenden Minuten nicht mehr auf sich aufmerksam machen. Ohne Note.

Laszlo Bénes (85. Minute für Neuhaus): Trat ein paar Standards und spielte einen Pass ins Nichts. Ohne Note.

von Redaktion TORfabrik.de