12. Mai 2024

Einzelkritik: Hacks Abschlussstärke und kollektives Verteidigen

Borussia Mönchengladbach hat mit dem nicht unbedingt erwarteten 3:1-Sieg über den hoch gehandelten VfB Stuttgart einen wichtigen Schritt gemacht. Hacks Abschlussstärke und die kollektive Bereitschaft zu verteidigen, waren der Schlüssel zum Erfolg. Die Einzelkritik:

Moritz Nicolas: War zunächst gar nicht gefordert und konnte dann beim Pfostenschuss von Undav nichts ausrichten. Anschließend verschätzte er sich bei einer Flanke und hatte Glück, dass Undav den Fehler nicht nutzte. Herausragend war die Parade des 26-Jährigen beim Schuss von Undav kurz nach dem Seitenwechsel. Beim Gegentor hatte Nicolas keine Abwehrchance. Trotz des Stuttgarter Dauerdrucks musste er nur wenige brenzlige Situationen überstehen. Eine Faustabwehr inklusive einer Kollision mit Leweling war etwas kopflos. Note 3,5.

Joe Scally: War als klassischer Rechtsverteidiger damit ausgelastet, die Kreise von Führich einzuengen. Einmal wurde Scally von Führich zu einfach umdribbelt, ansonsten hatte der US-Amerikaner seinen Gegenspieler vor der Pause einwandfrei im Griff. Nach dem Wechsel und den Umstellungen des VfB kam Führich einige Male mit Tempo durch und Scally konnte nicht alles weg verteidigen. Unter dem Strich machte der 21-jährige seine Seite ordentlich zu. Offensivaktionen standen an diesem Abend nicht auf dem Programm. Immerhin sicherte es sich den ‘Titel’ des schnellsten Spielers auf dem Platz (32,89 km/h). Note 3,5.

Marvin Friedrich: Kam für den gesperrten Wöber in die Startelf und übernahm die Position des rechten Innenverteidigers. Der Ex-Unioner erledigte seinen Job weitestgehend unaufgeregt. Einige Male ging er auffällig weit raus, um die Stuttgarter zu stören. Mit der Kopfballvorlage auf Plea leitete er das 2:0 ein. Glück hatte Friedrich, dass ein Ballverlust im Aufbau nicht bestraft wurde. Beim Schuss von Undav an den Außenpfosten war der 28-Jährige zu passiv. Gut war dagegen, dass er mehrfach die Mitspieler dirigierte und kommunizierte. Nach der Pause bei der Abwehrschlacht war er in seinem Element. Einmal tauchte Friedrich plötzlich in Mittelstürmerposition vorne auf, aber es fehlte ihm die Handlungsschnelligkeit. Note 3,0. 

Nico Elvedi: Als linker Innenverteidiger mit einer unauffälligen, aber konzentrierten Vorstellung. Er blockte einen Führich-Schuss mit einer Grätsche und war im weiteren Verlauf noch dreimal frühzeitig mit wichtigen Klärungsaktionen zur Stelle. Vor dem Pfostenschuss von Undav blieb Elvedi ähnlich passiv wie Friedrich. Vor dem Anschlusstreffer hätte er gegen Undav, von dessen Rücken der Ball abprallte, kompromissloser rangehen müssen. Elvedi sah Gelb, weil er bei der Ausführung eines Freistoßes zu lange zögerte. Mit einem durch gutes Stellungsspiel abgefangenen Ball leitete der Schweizer den Angriff zum 3:1 ein. Die Statistik weist ihn mit nur 57 Kontakten als den Borussen mit den meisten Ballaktionen aus. Und ebenfalls bemerkenswert: Elvedi wird eine Zweikampfquote von 0 % zugeschrieben, weil er nach Ansicht der Datenerfasser keinen Zweikampf geführt hat. Note 3,0.

Luca Netz: Ihm war anzumerken, dass er sich als Schienenspieler in einer Fünferkette wohler fühlt, als in der Rolle des ‘echten’ Linksverteidigers in einer Viererkette. Doch der 20-Jährige machte es über weite Strecken ordentlich und blieb auch in den direkten Duellen standhaft. Vorne hatte Netz nach der Freistoßflanke von Honorat eine Großchance, doch anstatt abzulegen oder richtig abzuschließen, produzierte er eher eine Rückgabe zu Nübel. Kurz nach der Pause verursachte er eine Ecke und verhielt sich kurz darauf beim Anschlusstreffer falsch. Weil Netz die Hände unnötigerweise hinter den Rücken nahm, geriet er so aus der Balance, dass er nicht mehr in der Lage war, ein Bein zu strecken und den Schuss zu blocken. Note 3,5.

Julian Weigl: Leitete mit seinem Ballgewinn den Spielzug zum 1:0 mit ein und hatte danach zwei, drei gute klärende Aktionen. Am Ball fehlte Weigl die gewohnte Ruhe und ihm unterliefen einige technische Fehler. Einmal verdribbelte er sich kläglich, was den Pfostenschuss für den VfB zur Folge hatte und in einer Situation verursachte Weigl einen Freistoß in Strafraumnähe. In der 35. Minute sah er die fünfte Gelbe Karte. Im zweiten Durchgang schrammte der 28-Jährige zweimal haarscharf an einer weiteren Gelben Karte vorbei. Durch die Umstellung der Stuttgarter agierte Weigl nun als zentraler Mann in der Fünferkette und teilweise hinter den beiden Innenverteidigern als Libero. Das hat man im Borussia-Park seit 2009 nicht mehr gesehen, als Hans Meyer Tomáš Galásek reaktivierte. Lobenswert war die Einstellung des Kapitäns, der sich voll in den Dienst der Mannschaft stellte, auch wenn Ausputzerfußball eigentlich nicht seine Kernkompetenz ist. Note 3,5.  

Rocco Reitz: Hatte seine beste Offensivaktion gleich zu Beginn, als er Hack mit einem gescheiten Pass bediente und so einen Assist verbuchen konnte. Danach sah man Reitz hauptsächlich bei eher unauffälligen, aber immens wichtigen Ballgewinnen in der eigenen Hälfte. Teilweise kam er scheinbar aus dem Nichts und war plötzlich zur Stelle. Szenenapplaus von Publikum und Kollegen erhielt Reitz, als er Millot ins Toraus abdrängte. Im zweiten Durchgang war fast ausschließlich Defensivarbeit angesagt, was durch den Rückzug von Weigl in/hinter die Kette für die beiden Achter nicht einfach war. Mit viel Laufbereitschaft (11,8 Kilometer) und kämpferischem Engagement war Reitz eine wichtige Stütze. Note 3,0.

Manu Koné: Machte als zweiter Achter neben Reitz immense Wege und arbeitete konsequent gegen den Ball. Mit 11,9 Kilometern war er der laufstärkste Borusse und seine 33 Zweikämpfe, von denen er 17 für sich entschied, waren ebenfalls der Bestwert. Vor allem nach der Pause, als Weigl ‘fehlte’, musste Koné ein paar Mal an und über die Schmerzgrenze gehen. Während er zunächst noch einige gute Antritte starten konnte, kam er nach der Pause nicht immer zur Entfaltung. Bisweilen ging er zu kompliziert zu Werke und es schien, als ob er sich berufen fühlte, etwas Besonderes machen zu müssen. Einfach spielen ist auf seiner Position oft besser und er sollte sich nicht selbst um die Früchte seiner Eroberungsarbeit bringen. In der Nachspielzeit holte der 22-Jährige bei seinem Sturmlauf noch mal alles aus sich heraus und der wuchtige Schuss, der am Pfosten landete, hätte eigentlich ein Tor verdient gehabt. Note 3,0.

Franck Honorat: Leitete mit seinem Tunnel gegen Mittelstädt und der damit verbundenen Vorlage für Reitz den Führungstreffer mit ein. Danach hatte Honorat eine Großchance, als er an Nübel scheiterte. Hier signalisierte der Assistent zwar eine Abseitsstellung, aber die wäre bei einer Überprüfung durch den VAR nach einem Tor möglicherweise korrigiert worden. Der Franzose startete noch einige seiner unwiderstehlichen Sprints über die rechte Seite, war aber diesmal ungenau bei den Hereingaben in den Rückraum, was eigentlich seine Paradedisziplin ist. Nicht hoch genug zu bewerten war die Bereitschaft von Honorat, permanent und diszipliniert nach hinten zu arbeiten. Das machte der 27-Jährige so lange, bis der Tank leer war. In der 75. Minute wurde er von Ngoumou abgelöst. Note 3,0.

Alassane Plea: Nominell Borussias einzige Spitze, aber tatsächlich Borussias Spielmacher. Mehrere tolle direkte Weiterleitungen oder der geniale Steckpass für Hack waren zum Zungenschnalzen. Das zeugte einmal mehr von seiner absoluten Fußball-Intelligenz. Plea sieht Lücken und kann aus dem Nichts etwas kreieren, eine Abwehr aushebeln und Mitspieler frei vors Tor stellen. Bemerkenswert war ebenso, dass der 30-Jährige bei der Arbeit gegen den Ball sehr aktiv mitmachte und auch dort hinging, wo es weh tat. Leider bekam er einen Schlag ab und musste bereits nach 66 Minuten verletzt vom Platz. Note 2,5.

Robin Hack: Im Gegensatz zu den Stuttgarter Fans fackelte er nicht lange und schnürte einen Doppelpack. Das waren zwei coole Abschlüsse ohne Zweifel oder Verzögerung. Diese Geradlinigkeit ist ein echter Qualitätsgewinn. Vor der Pause war Hack sehr quirlig und agierte mit Mut zu temporeichen Einzelaktionen. Einmal dribbelte er von links mit etwas Glück in die Mitte und steckte schön auf Honorat durch. Auch Hack war unermüdlich und aufopferungsvoll in der Defensivarbeit. Beim Anschlusstreffer kam er einen Tick zu spät, um noch eingreifen zu können. Im zweiten Durchgang wurde deutlich, dass Hack viele Körner gelassen hatte. Nach vorne ging zunächst nichts mehr, doch dann hatte er die Möglichkeit zur Vorentscheidung. Bei seinem Lauf über links in den Strafraum verpasste er den Moment für das Abspiel auf Ngoumou und spitzelte den Ball mit der Picke am Tor vorbei. Note 2,5. 

Jordan (66. Minute für Plea): Konnte den einen oder anderen Ball behaupten und so entstand wenigstens ein Hauch von Entlastung. Jordan bediente Ngoumou nach einem Ballgewinn und schickte auch Hack sehenswert auf die Reise. Beim Rebound zum 3:1 stand er goldrichtig – der Ball war nicht so leicht zu nehmen, wie es aussah. Ohne Note. 

Nathan Ngoumou (75. Minute für Honorat): Sorgte mit einigen Einzelaktionen dafür, dass der Ballbesitzanteil gefühlt um zwei Prozent stieg. Beim dritten Treffer war er in der Entstehung als Doppelpasspartner für Koné beteiligt. Im Gegensatz zu Honorat machte Ngoumou in der Rückwärtsbewegung nicht den aktivsten Eindruck. Ohne Note. 

Christoph Kramer (90.+2 für Koné): Holte sich noch seine fast obligatorische Gelbe Karte für ein taktisches Foul ab. Ohne Note. 

Florian Neuhaus (90.+2 für Hack): Blieb ohne Ballberührung und ohne Note.

von Redaktion TORfabrik.de | Foto: Norbert Jansen – Fohlenfoto