20. April 2024

Einzelkritik: Durchweg überzeugende Derbysieger aus Mönchengladbach

Wie schon im Heimspiel gegen RB Leipzig war im Derby die geschlossene Teamleistung der Schlüssel zum Erfolg. Kein Spieler musste durchgeschleppt werden, alle brachten die geforderte Leistung auf den Platz. Entsprechend fällt die Einzelkritik aus:

Yann Sommer: Anders als in der Vorwoche wurde er diesmal von seinen Vorderleuten nicht im Stich gelassen und musste sich nur wenigen ernsthaften Prüfungen unterziehen. Der Goalie fing einige Flanken sicher ab und war bei zwei Torschüssen der Kölner pflichtgemäß zur Stelle. Wie üblich spielte Sommer (78 Ballkontakte) gut mit. Beim Elfmeter spekulierte der 33-Jährige auf die andere Ecke, beim zweiten Gegentor war auch er überrascht vom Fehler Lainers und konnte aus kurzer Distanz nicht mehr viel machen. Note 3,0.

Joe Scally: Hatte auf seiner rechten Seite gegen Kainz und den nachrückenden Hector viel Defensivarbeit zu verrichten. Scally war ausgesprochen zweikampfstark und verlor nur selten den Überblick. Der 19-Jährige ‘besorgte’ Kainz die erste Gelbe Karte. Auffällig, dass Scally bei Ballbesitz diesmal fast ausnahmslos nach vorne ‘dachte’. So spielte er den blitzsauberen Pass auf Hofmann, woraus die Ecke zur Führung entstand. Auch die Riesenchance für Thuram bereitete Scally mit seiner scharfen Hereingabe stark vor. Note 2,5.

Marvin Friedrich: Erzielte endlich mal so ein ‘Union-Berlin-Tor’, auf das man bei seiner Verpflichtung gehofft hatte. Wobei es weniger ein Kopfball-, sondern eher ein Schulter- bzw. Rückenballtor war. Abgesehen von einer etwas unklaren Aktion in der zweiten Halbzeit, als er Scally in Bedrängnis brachte, lieferte der 26-Jährige eine souveräne Vorstellung ab. Friedrich löste seine Aufgaben unaufgeregt und hatte vor allem in der Luft alles unter Kontrolle. Im Spielaufbau sicher und mit dem einen oder anderen langen Ball. Note 2,5.

Nico Elvedi: Welch ein Unterschied zum Spiel gegen Bremen. Elvedi war sehr griffig und diesmal stimmte das Timing, wenn er vorrückte. So erstickte er Kölner Angriffsbemühungen mehrfach im Keim. Der Schweizer machte keine dummen Sachen und war äußerst konzentriert. In einer Situation schirmte er den Ball gut ab und sein Gegenspieler wusste sich nur mit einem Foul zu helfen. Bemerkenswert war, dass der 26-Jährige am Ball zügig agierte und nur wenige dieser passiven ‘Schiebepässe’ spielte. Ein Mitverschulden traf Elvedi beim zweiten Kölner Tor, als er den Ball mit seiner unkontrollierten Verlängerung per Kopf ‘scharf’ machte. Note 2,5.

Ramy Bensebaini: Zeigte mit einer beeindruckenden Vorstellung, dass seine Minusleistung in Bremen nur ein Ausrutscher war. Bensebaini war konzentriert und fokussiert und ließ sich zu nichts hinreißen. Der Zusammenprall mit Ljubicic war äußerst unglücklich, weil Bensebaini wegrutschte. Die Gelbe Karte war angemessen. Der 27-Jährige überzeugte mit Dynamik und seiner herausragenden Technik. Szenenapplaus gab es für eine Brustan- und Mitnahme und wie er vor dem 4:1 den Angriff einleitete und den Kölner Schindler an der Seitenlinie vernaschte, war einfach herrlich. Dass er in der Situation dran blieb und durchstartete, war klasse und er belohnte sich dafür mit seinem zweiten Tor. Der erste Treffer resultierte aus dem sicher verwandelten Elfmeter – der mittlerweile achte in Folge. Aber auch in der Defensive war der Algerier bis auf wenige Ausnahmen auf der Höhe – auch Verlagerungsbälle der Kölner auf seine Seite lief er im Vollsprint gekonnt ab. Note 1,5.

Julian Weigl: Agierte im ersten Durchgang am Ball etwas zurückhaltend, was aber seinem Gespür für die Ordnung geschuldet war. Auffällig, wie stabil und konsequent Weigl in den Zweikämpfen zu Werke ging – da hat er in seiner Zeit in Portugal klar dazugelernt. Stets hatte der 27-Jährige die Gesamtsituation im Auge – das war Extraklasse. Seine Pässe waren sicher und zielgerichtet und als Balleroberer trat Weigl in bester Staubsauger-Manier in Erscheinung. Exemplarisch der Ballgewinn vor dem Stindl-Tor. Danach als Antreiber mit herausragendem Gespür für die Räume, in die er auch sprintete, um sich anzubieten. Weigl entwickelte echte Führungsspieler-Qualitäten, auch weil er seine Kollegen mit Gesten und Worten immer wieder dirigierte und Aufmerksamkeit einforderte. Note 1,5.

Manu Koné: Auch ihm gelang die Wiedergutmachung für das schwache Spiel in Bremen mit Bravour. Von Beginn an war Koné präsent und trieb den Ball mit unwiderstehlichen Antritten durchs Mittelfeld. Wie ein Schlangenmensch wand er sich mehrfach mit effektiven Körpertäuschungen durch die Reihen der Kölner und ließ diese einfach stehen. Koné war kaum vom Ball zu trennen und blieb selbst dann unbeeindruckt, als zwei Kölner gleichzeitig versuchten, ihn zu foulen. Nur zwei seiner insgesamt 49 Pässe kamen nicht an. Die Abstimmung mit Weigl war ausgezeichnet. Note 1,5.

Jonas Hofmann: Gab diesmal zwar keinen Torschuss ab, blieb demzufolge ohne eigenen Treffer und stand dennoch im Blickpunkt. Zunächst bereitete er mit seinem Eckball das 1:0 durch Friedrich vor, dann verursachte er den Elfmeter für Köln. In dieser Situation kann man Hofmann keinen großen Vorwurf machen – er hatte Kainz in seinem Rücken nicht wahrgenommen und diesen beim Schussversuch dann klar getroffen. Eine maximal unglückliche Aktion. Etwas später bekam Hofmann im Luftduell den Ellenbogen von Kainz ins Gesicht und holte auf diese schmerzhafte Weise den Elfmeter für Borussia und den Platzverweis für Kainz heraus. Direkt nach der Pause zwang er Hector als entscheidender Störfaktor zum Fehlpass in die Mitte vor dem 3:1. Als verlässliches Rädchen im Getriebe war der 30-Jährige an vielen Angriffen beteiligt und mit dem präzisen Zuspiel auf Bensebaini zum 4:1 sicherte er sich den dritten Assist in diesem Derby. Note 2,5.

Christoph Kramer: Knickte nach wenigen Sekunden an der Grundlinie um und es sah kurzzeitig so aus, als ob das Derby für ihn bereits gelaufen sei. Doch Kramer biss auf die Zähne und hielt bis zur 78. Minute durch, ehe er durch Borges Sanches ersetzt wurde. Wie sich später herausstellte, ist das Außenband im Sprunggelenk in Mitleidenschaft gezogen und Kramers Einsatz beim Auswärtsspiel in Wolfsburg zumindest fraglich. Gegen den FC agierte der 30-Jährige nicht so auffällig wie zuletzt gegen Leipzig, auch wenn er gewohnt viel unterwegs war. Doch in vorderster Front fehlte es ihm das eine oder andere Mal an Durchsetzungsvermögen, selbst wenn er in der offensiven Rolle insgesamt schnellere Lösungen suchte und fand als im defensiven Mittelfeld. Note 3,0.

Lars Stindl: Startete sehr aggressiv in die Partie und setzte gleich ein Zeichen im Zweikampf gegen Kilian, wofür er die frühe Gelbe Karte sah. Stindl reklamierte grenzwertig und auch später bei der vermeintlichen Handsituation im Kölner Strafraum übertrieb es der Kapitän mit seinen Protesten in Richtung Referee. In der Offensive konnte er zunächst nur wenige Akzente setzen, ehe er in den letzten acht bis zehn Minuten vor der Pause richtig loslegte. Klasse, wie er zweimal mit einer schnellen Drehung direkt anzog und das Spiel vertikal beschleunigte. Auch wenn er einen Freistoß aus günstiger Position leichtfertig verschenkte, indem er ihn zu schnell ausführte, war Stindl in dieser ersten richtigen Druckphase der Schlüsselspieler. Direkt nach der Pause sorgte er mit seinem fulminanten Distanzschuss für die frühe Vorentscheidung. Kurz danach wurde der 34-Jährige ausgewechselt – wohl auch wegen der latenten Gelb-Rot-Gefahr. Note 2,5.

Marcus Thuram: Hatte die erste Chance der Partie, als er auf seine bekannte Art von links nach innen zog. Als er an einem Kölner vorbei war und Lubicic ihn stoppen wollte, war das eine ausgezeichnete Möglichkeit den Kontakt zu nutzen, doch diesmal lief Thuram untypisch weiter und scheiterte aus spitzem Winkel am Kölner Keeper. Der Franzose hatte zwar nicht übermäßig viele Ballaktionen, aber er war stets eine Bedrohung für die Gegenspieler und wenn er mit Ball ins Rollen kam, war er nur schwer zu stoppen. Nach der Pause verpasste Thuram die Hereingabe von Scally nur um Haaresbreite, kurz darauf flog sein abgefälschter Schuss aus 15 Metern knapp am Tor vorbei. Mit seinem tollen ‘gesteckten’ Außenristtor zum 5:2 tat er den Kölnern richtig weh, denn aus einer Niederlage wurde nun eine Packung. Dass Thuram den ‘Modeste-Jubel’ vor dem Kölner Block aufführte, war weder nötig noch schlimm. Note 2,5.

Alassane Plea (52. Minute für Stindl): Das Spiel in Überzahl war prädestiniert für den Franzosen, der vor Spielfreude nur so sprühte. Meist aus der Tiefe heraus gestaltete er viele Kombinationen, spielte Doppelpässe und suchte den schnellen Weg nach vorne. Hier und da übertrieb es Plea zwar, was aber angesichts des Spielstands kein wirkliches Problem darstellte. Der 29-Jährige gab den Vor-Assist zum 4:1 und legte für Thuram zum 5:2 auf. In der letzten Aktion des Spiels hätte er selbst treffen können, jagte den Ball aber in die Südkurve. Note 2,5.

Yvandro Borges Sanches (78. Minute für Kramer): Spielte auf der rechten Seite, während Hofmann die Kramer-Position übernahm. Der Youngster hatte eine tolle Aktion auf rechts, die er allerdings mit einer überhasteten Hereingabe in Richtung Thuram schlecht abschloss. Ohne Note.

Patrick Herrmann (83. Minute für Hofmann): Übernahm für die restliche Spielzeit die Rolle als Zehner. Herrmann hatte noch ein paar Ballaktionen. Eine eher panische Flanke in Richtung Thuram misslang, als ein Abspiel auf den Flügel die bessere Option gewesen wäre. Ohne Note.

Luca Netz (83. Minute für Bensebaini): Blieb auf der linken Seite, gewann seine Zweikämpfe und brachte seine fünf Pässe zum eigenen Mann. Ohne Note.

Stefan Lainer (83. Minute für Scally): War gerade auf dem Platz, als er den Aufsetzer im Anschluss an die Kopfballverlängerung von Elvedi unterschätzte und sich alsdann orientierungslos von Huseinbasic abkochen ließ. Auch danach konnte der Österreicher keine Eigenwerbung betreiben. Von sieben Pässen kamen nur drei bei einem Mitspieler an. Ohne Note.

von Redaktion TORfabrik.de | Foto: Norbert Jansen – Fohlenfoto