19. April 2024

Einzelkritik: Schon wieder ein kollektiver Zusammenbruch

Borussia Mönchengladbach erlebt den nächsten kollektiven Zusammenbruch: Beim 0:6 in Dortmund brechen nach hinten heraus alle Dämme. Das zarte Pflänzchen Hoffnung auf Stabilität wurde leichtfertig und naiv zertrampelt. Die Einzelkritik:

Yann Sommer: Startete mit einer Klasseparade gegen Reyna, als er den Ball um den Pfosten lenkte. Vor dem 0:1 hielt er den Malen-Schuss, war dann beim freien Rebound von Reus absolut chancenlos. Kein Vorwurf an Sommer beim 0:2, als der Ball auf nassem Rasen unter seinem Körper durch rutschte. Hätte Sommer ahnen können, wie schwach Malen schießt, dann wäre der Versuch einer Fußabwehr die bessere Option gewesen. Ein paar ‘Pflichtbälle’ hielt der Schweizer sicher. Bei einem Ausflug an die Seitenlinie präferierte er ein Zuspiel auf einen Dortmunder, anstatt den Ball auf die Westtribüne zu schlagen, was aber ohne Konsequenzen blieb. Beim vorentscheidenden 0:3 ging Sommer etwas zu früh runter, so dass der stramme Schuss von Wolf über seine ausgestreckten Arme hinweg fegte. Beim 0:4 war der 33-Jährige ebenso machtlos wie gegen den präzisen Abschluss von Reus zum 0:5. Danach löschte er noch einen Brandt-Schuss mit schöner Flugeinlage, ehe er beim finalen Elfmeter zwar noch die Finger am Ball hatte, das 0:6 aber nicht verhindern konnte. Note 3,0.

Matthias Ginter: Schon den ersten Ball schlug er an alter Wirkungsstätte unnötig ins Seitenaus, kurz darauf unterlief ihm ein Querschläger, der zu einer Dortmunder Ecke führte. Den entscheidenden Zweikampf gegen Malen vor dem 0:1 verlor Ginter und vor dem 0:2 mimte er den Unbeteiligten, anstatt den Kollegen Friedrich abzusichern. Im Aufbau spielte der 28-Jährige zwei, drei richtig gute Bälle. Nach der Umstellung auf Viererkette verlor er zwar wenige Zweikämpfe, was allerdings darin begründet lag, dass er diesen möglichst aus dem Weg ging. Das 0:3 bereitete Ginter unfreiwillig vor, als er einen Dortmunder Einwurf in die Mitte zu Reus köpfte. Danach blieb er mehrfach passiv oder gar wie festgenagelt stehen – u.a. als Reus zum 0:5 davonlief. Am Ende, als eigentlich Leaderqualitäten gefragt waren, glänzte Ginter beim Versteckspiel. Note 5,0.

Marvin Friedrich: Als zentraler Mann der Dreierkette mit einem wackeligen und unsicheren Auftritt. Vor dem 0:1 erfasste er die Situation zu spät, dass Ginter den Zweikampf mit Malen verlor und kam nicht mehr hinterher. Das 0:2 muss der Ex-Unioner auf seine Kappe nehmen, weil er sich von Malen bis zur Mittellinie rauslocken ließ, das Zentrum öffnete und im anschließenden Laufduell hoffnungslos unterlegen war. Das Ginter die mögliche Hilfe verweigerte, kam erschwerend hinzu. Fußballerisch konnte der 26-Jährige bis auf Sicherheitspässe nichts beisteuern. Zur Pause blieb er draußen, als auf Viererkette umgestellt wurde. Note 5,0.

Nico Elvedi: War von Beginn an ein Unsicherheitsfaktor. Er nahm Bensebaini den Ball weg und köpfte ihn vor die Füße von Reyna zur ersten Dortmunder Großchance. Bei den meisten Aktionen fehlte es an Klarheit und Entschlossenheit. Beim 0:1 ging alles zu schnell für Elvedi, der keinen der Dortmunder Spieler, die zum Rebound gingen, auf dem Schirm hatte. Nach der Umstellung auf Viererkette zunächst im Alibi-Modus unterwegs, ehe er nach hinten heraus völlig die Orientierung verlor. Der 25-Jährige irrte mehrfach umher, blieb einfach stehen oder begleitete nur, ohne einzugreifen (u.a. gegen Wolf vor dem 0:4). Note 5,0.

Stefan Lainer: Auf der rechten Seite aktiv im Vorwärtsgang, was er im Rahmen seiner Möglichkeiten ordentlich machte. Er ‘nervte’ die Gegenspieler und besorgte Zagadou eine frühe Gelbe Karte. Bei der Neuhaus-Chance (36.) lieferte der Österreicher mit seiner Hereingabe fast einen Assist. Im Passspiel unter Bedrängnis behielt Lainer nicht immer den Überblick. Nach der Pause als rechter Verteidiger solide, dann spielte er einen Ball in Richtung eines Mitspielers, den es nicht gab. Kurz darauf wurde er gegen Scally ausgetauscht. Note 4,0.

Manu Koné: Der 20-Jährige war im zentralen Mittelfeld aktiv, hatte es aber meist mit zwei, drei sehr laufstarken Gegenspielern zu tun. Koné hatte wenig Raum und Zeit, hier und da geriet er extrem unter Druck, konnte sich aber meist so gerade noch im Dribbling behaupten. Der Franzose zeigte einige gute Ansätze, lief aber auch einige Male nur hinterher. Stark war der Ballgewinn vor seiner Riesenchance, als er den Ball letztlich etwas zu sehr schob und so den Führungstreffer verpasste. Nach der Pause war Koné insgesamt unauffälliger und nach 78 Minuten räumte er das Feld für Kramer. Note 4,0.

Florian Neuhaus: Wartete wieder mit einer kämpferisch vorbildlichen Einstellung auf. Er eroberte Bälle, ging konsequent in die Zweikämpfe und packte die Grätsche aus, wenn es notwendig wurde. Fußballerisch wechselten Licht und Schatten: Einige Ansätze waren durchdacht und klasse, in anderen Situationen stand er sich selbst im Weg. Neuhaus hatte eine große Möglichkeit aus fast identischer Position wie Koné zuvor – aber auch er scheiterte an Kobel. Ein leichter Ballverlust von Neuhaus führte zu einem Gegenangriff. Gelungen dagegen die Rettungstat gegen den durchgestarteten Reus. Der 24-Jährige trug viel Last auf den Schultern, aber er trug sie wenigstens. Note 3,5.

Ramy Bensebaini: Hatte eine Kopfballgelegenheit, als er den Ball nach Hofmann-Freistoß im Gedränge über das Tor setzte. Der Algerier sah früh Gelb für eine leichte Berührung am Kopf von Hazard. Kurz darauf hätte er nach einem Foul wirklich Gelb sehen müssen und hatte Glück, dass der Schiedsrichter besonnen reagierte. Der 26-Jährige versprühte Gift, war wehrhaft und unangenehm. Nach der Umstellung auf Viererkette fehlte ihm gegen den Ball die Unterstützung, weil Thuram nicht mitmachte. Als es nach hinten raus chaotisch wurde, war Bensebaini mit einigen Harakiri-Aktionen beteiligt. Schließlich verursachte er mit seiner ‘Rutsch-Grätsche’ gegen Wolf noch den klaren Elfmeter. Immerhin hatte er das Glück, nicht auch noch die Ampelkarte zu sehen. Note 4,0.

Alassane Plea: Konnte nicht an die beiden starken Auftritte zuletzt anknüpfen. Die Dortmunder ließen den Franzosen kaum zur Entfaltung kommen und seine Versuche wurden mehrfach im Keim erstickt. Gelungen war ein Pass auf Hofmann, nach der Pause bekam er bei einem Schuss aus dem Lauf zu wenig Druck hinter den Ball. Den Lattentreffer von Hofmann leitete Plea mit einem schönen Steckpass ein. Ein Fehlpass des 28-Jährigen stand am Beginn des Konters zum 0:4. Note 4,5.

Jonas Hofmann: War der gefährlichste Offensivspieler der Borussia, auch wenn längst nicht alles gelang. Er traf zweimal in aussichtsreicher Position die falsche Entscheidung und hatte die Großchance zum Ausgleich mit links, als er nach einem feinen Lauf an Kobel scheiterte. Der Pass auf Koné bei dessen Chance kam von Hofmann und in der zweiten Halbzeit hätte sein Kracher fast den Anschlusstreffer bedeutet, doch er traf das Lattenkreuz. Im Gegensatz zu früher, wo Hofmann in solchen Spielen meistens abtauchte, war er diesmal keinesfalls unsichtbar. Er reagierte sich auch mal verbal ab an den Mitspielern – konnte das Debakel aber letztlich auch nicht verhindern. Note 3,5.

Breel Embolo: Konnte sich in vorderster Front erneut nicht in Szene setzen, hatte dafür aber drei klare und gute Aktionen als Zulieferer. So bediente er Hofmann nach dem Koné-Ballgewinn, was in der Großchance für Koné mündete. Die Gelegenheit für Hofmann leitete Embolo mit einem perfekten Doppelpasszuspiel ein und vor der Neuhaus-Chance schickte er Lainer. Allerdings leistete sich der Schweizer auch einige technische Unsauberkeiten – so konnte er den Ball in der Nachspielzeit der ersten Hälfte nicht sichern und am Ende führte eine missratene Brustmitnahme zum Dortmunder Konter, der den Elfmeter zur Folge hatte. In der zweiten Halbzeit war der 25-Jährige kein Faktor mehr. Note 4,5.

Marcus Thuram (46. Minute für Friedrich): Sollte helfen, dem Spiel eine Wende zu geben. Dafür änderte Hütter das System und ließ Thuram auf ‘seiner’ linken Seite spielen. Gebracht hat es nichts. Der 24-Jährige konnte sich nicht durchsetzen, kam auf mickrige 18 Ballkontakte und erfüllte nicht mal die Grundaufgaben im Defensivspiel. Note 5,0.

Joe Scally (67. Minute für Lainer): Der zweite Wechsel von Hütter, der an diesem Abend verpuffte. Scally sollte nochmal über die Seite anschieben, doch drei Minuten nach seiner Einwechslung fiel das 0:3. Leider erhielt der US-Boy offensichtlich keine anderslautende Anweisung, denn er marschierte trotz des Spielstands unentwegt blindlings weit nach vorne, um dann regelmäßig bei den Dortmunder Kontern vergeblich zurück zu rennen. Moukoko konnte er nicht daran hindern, zum zwischenzeitlichen 0:4 einzuschieben. Ohne Note.

Christoph Kramer (78. Minute für Koné): Kam bei Stand von 0:4 und brachte zwar alle seine 12 Pässe zum Mitspieler, konnte aber auch nicht für Schadensbegrenzung sorgen. Borussia kassierte noch zwei weitere Gegentore. Ohne Note.

von Redaktion TORfabrik.de | Foto: Norbert Jansen – Fohlenfoto