20. April 2024

Einzelkritik: Borussia spielt es mal wieder nicht konsequent genug

Bei der Niederlage in Berlin scheiterten die Borussen einmal mehr nicht an der Klasse des Gegners, sondern an den eigenen Unzulänglichkeiten. Die Konsequenz fehlte genauso wie die Kreativität. Die Einzelkritik:

Yann Sommer: Verlebte einen ruhigen Abend im kalten Olympiastadion. Erst nach einer halben Stunde bekam er mal einen Ball in die Hand, geprüft wurde er erstmals in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit beim Kopfball von Dardai, den er sicher parierte. Zuvor hatte Sommer allerdings das Gegentor hinnehmen müssen – beim Zufalls-Aufsetzer von Richter war er jedoch chancenlos. Auch nach der Pause gab es nur kleinere Pflichtaufgaben für den 32-Jährigen. Als mitspielender Torwart zu Beginn einmal nach einem langen Pass aufmerksam aus seinem Tor gekommen, später ging er in einer Situation mit dem Ball am Fuß unnötig ins Risiko. Note 3,0.

Jordan Beyer: Diesmal rechts in der Dreierkette aufgeboten und bereits nach wenigen Sekunden durch eine Gelbe Karte gehandicapt. Die Entscheidung des Schiedsrichters, der ohnehin eine ganz eigentümliche Linie verfolgte, war jedoch völlig überzogen. Beyer hielt sich danach in engen Situationen zurück, nach der Pause hatte er allerdings etwas Glück, nachdem er mit der Hand ins Gesicht eines Gegenspielers geraten war. Vor dem Gegentor war er im Duell gegen Richter nicht konsequent genug und ließ die Kopfballverlängerung – die nach dem Plattenhart-Einwurf mit Ansage erfolgte – zu einfach zu und schaltete dann ab. Darüber hinaus machte es der 21-Jährige – bis auf zwei, drei Unsauberkeiten am Ball – ordentlich. Note 4,0.

Nico Elvedi: Als zentraler Mann in der Dreierkette konnte er im ersten Durchgang völlig relaxed seiner Arbeit nachgehen. Richtig gefordert wurde er erst kurz vor der Pause, als er gegen Piatek schlecht aussah und sich letztlich bei Bensebaini bedanken konnte, der die Gefahr bereinigte. Vorne hatte Elvedi zwei gute Kopfballgelegenheiten – einmal nach Flanke Netz (5.), später nach Ecke Hofmann (38.). Beide Male fehlte nicht viel. Im zweiten Durchgang war der 25-Jährige defensiv etwas mehr gefordert, aber er blieb auf der Höhe des Geschehens. Im Spielaufbau war der Schweizer kein Faktor – kurze Pässe waren okay, aber ein Versuch im ersten Durchgang, einen langen Ball zu spielen, missriet gründlich. Note 3,5.

Ramy Bensebaini: Gab sein Comeback, nachdem er zuletzt am dritten Spieltag bei Union Berlin dabei war. Die Hauptstadt scheint Bensebaini allerdings nichts zu liegen, denn erneut setzte es eine Niederlage. Der Algerier spielte links in der Dreierkette, wo er bis auf eine Rettungsaktion kurz vor dem Seitenwechsel zunächst keine Mühe hatte. Im Spielaufbau konnte der 26-Jährige mit mehreren guten Pässen gefallen – u.a. ein langer und präziser Ball auf Embolo. Nach der Pause drängte Bensebaini mehrfach vehement mit nach vorne, wobei sich einige Unsauberkeiten einschlichen. Am Ende schien der Akku leer, aber er spielte über die volle Distanz. Note 3,5.

Joe Scally: War zu Beginn sehr präsent, ging energisch drauf und setzte gut nach – so in der 7. Minute, als er nach einem minimalen Kontakt mit Mittelstädt im Strafraum zu Fall kam und der Schiedsrichter zunächst auf Elfmeter entschied. Dass dieser die Entscheidung nach Ansicht der Bilder revidierte, war nachvollziehbar. Scally leistete sich nach einer Viertelstunde einen gefährlichen Ballverlust in der eigenen Hälfte, was die Berliner nicht nutzen konnten. Nach der Pause konnte sich der US-Amerikaner deutlich weniger in Szene setzen. Als Herrmann kam, rückte der 18-Jährige auf die linke Seite. Mit einem schönen Crossball bereitete er die Herrmann-Chance (Außennetz) vor. In der Nachspielzeit unterlief Scally ein beinahe folgenschwerer Fehler gegen Selke. Note 3,5.

Denis Zakaria: Beherrschte im ersten Durchgang gemeinsam mit Koné das zentrale Mittelfeld fast nach Belieben. Zakaria eroberte mehrfach den Ball und trieb das Spiel entweder mit schnellen Antritten oder druckvollen Pässen an. Als ‚Abfangjäger‘ nach einer halben Stunde herausragend gegen Serdar, der eigentlich schon durchgebrochen war. Nach der Pause fiel der Schweizer mit einer starken Balleroberung gegen Darida auf, der sich dann nur mit einem Foul zu wehren wusste und Gelb sah. Mit einem starken Pass auf Neuhaus bereitete Zakaria die Halbchance von Plea (als dieser ausrutschte) vor. In manchen Phasen wirkte der 24-Jährige aufgrund des schleppenden und unbefriedigenden Spielverlaufs arg frustriert. Note 3,5.

Manu Koné: Bildete zusammen mit Zakaria das Herzstück im Mittelfeld und gefiel durch kompromisslose Ballgewinne und sehr stabiles Zweikampfverhalten. In einer Situation fing der Franzose einen Pass ganz stark ab, doch beim Umschaltversuch kam es zu einem Missverständnis mit Embolo. Überragend war die Aktion in der 27. Minute, als er über links in den Strafraum dribbelte – leider wurde seine Hereingabe noch geblockt. Nach Wiederanpfiff konnte sich der 20-Jährige weniger in Szene setzen, weil die Berliner besser dagegenhielten. In der 74. Minute räumte er das Feld für Herrmann. Note 3,5.

Luca Netz: Hatte an alter Wirkungsstätte keinen leichten Stand, denn bei jedem Ballkontakt wurde der 18-Jährige ausgepfiffen. Das steckte er zumindest äußerlich unbeeindruckt weg. In der ersten halben Stunde war Netz auffällig und bereitete mit einer guten Flanke von rechts mit links die Elvedi-Kopfballchance vor. Dazu hatte er zwei, drei gute Ansätze, doch in letzter Konsequenz fehlte die Klarheit. Beim Gegentor gab Netz die unfreiwillige Vorlage für Richter, nachdem er gegen Piatek blockte und der Ball dann zum Torschützen prallte. Zur Pause wurde Netz ausgewechselt und Neuhaus kam. Note 4,0.

Jonas Hofmann: Konnte sich in der Rolle als Freigeist diesmal nicht so in Szene setzen, wie in den letzten Partien. Er wirkte leicht fahrig, was sich auch bei seinen Standards zeigte, die ungewöhnlich schwach waren. Ecken und Freistoßflanken gerieten zu kurz – lediglich die Ecken auf Elvedi (38.) und Plea (48.) waren gelungen. Aufgrund der Umstellung nach der Pause spielte Hofmann zunächst auf der linken Seite, wo er kein Faktor war und regelrecht verschenkt wirkte. Eine Viertelstunde vor Schluss rückte er dann wieder in die Mitte, blieb aber weiterhin unter seinen Möglichkeiten, weil er insgesamt unsauber agierte. Note 4,0.

Lars Stindl: Fand sich von Beginn an ordentlich zurecht und holte sich über mehrere erfolgreiche Zweikämpfe Stabilität und Rückenwind. Der Kapitän wirkte weniger verkrampft als zuletzt und fand die Mischung aus Bissigkeit und Spielfreude. So bereitete er Embolos Großchance (18.) vor und war bei weiteren gelungenen Kombinationen beteiligt. Auch wenn der 33-Jährige ab Mitte der ersten Halbzeit weniger Aktionen hatte, so war er doch vergleichsweise gut im Spiel. Dass er zur Pause draußen bleiben musste, war daher schon etwas überraschend. Note 3,5.

Breel Embolo: Ist der Höhenflug des Schweizers schon wieder vorbei? Jedenfalls blieb er auch in Berlin deutlich hinter der Form zurück, die er vor der Länderspielpause hatte. Embolo konnte sich nur selten durchsetzen und agierte überhastet und ungeschickt in den Zweikämpfen. Bei seiner Großchance in der 18. Minute knallte er den Ball blind in die Wolken – den freien Schuss hätte er zwingend aufs Tor bringen müssen. Zeigte der 24-Jährige vor der Pause zumindest noch ein paar Ansätze, so war er in der zweiten Halbzeit nahezu abgemeldet. Er kam am kantigen Bojata nicht vorbei und vor dem Plea-Treffer stand Embolo im Abseits. Note 5,0.

Florian Neuhaus (46. Minute für Netz): Ordnete sich zentral im offensiven Mittelfeld ein, während Hofmann auf die linke Seite auswich. Neuhaus konnte seine Chance nicht nutzen und enttäuschte auf ganzer Linie. Gelungen war lediglich die gute Ablage auf Plea vor dessen Chance (66.). Ansonsten verlor Neuhaus mehrere Offensivzweikämpfe, dazu verursachte er hinten einen Freistoß, als er klar zu spät kam und Glück hatte, dass er nicht Gelb sah. In zwei, drei Situationen versuchte es Neuhaus mit übertriebener Lässigkeit, was prompt schief ging. In der Nachspielzeit verdaddelte er die Chance auf einen letzten konstruktiven Angriff, als er sich zu viel Zeit ließ und den Ball vertändelte. Note 5,0.

Alassane Plea (46. Minute für Stindl): Startete mit einem guten Kopfball nach Hofmann-Ecke am kurzen Pfosten, der knapp am Tor vorbei strich. Etwas später hatte er Pech, als er bei einer aussichtsreichen Schussgelegenheit am Sechzehner ausrutschte und deshalb verzog. Sein Treffer in der 71. Minute wurde aufgrund der vorangegangenen Abseitsstellung von Embolo nicht gegeben. Darüber hinaus konnte sich Plea nicht durchsetzen und schaffte es auch nicht, das Kombinationsspiel nachhaltig zu beleben, wenn er sich zurückfallen ließ. Note 4,0.

Patrick Herrmann (74. Minute für Koné): Rückte auf die rechte Seite, wo er einige Ballaktionen hatte. Eine Flanke war brauchbar und nach einem schönen Crossball von Scally startete Herrmann in den Strafraum, doch aus spitzem Winkel rutschte ihm der Ball ab und er schoss ans Außennetz, wobei er ohnehin besser auf den mitgelaufenen Hofmann zurückgelegt hätte. Ohne Note.

von Redaktion TORfabrik.de

Foto: Matthias Kern / Getty Images