19. April 2024

Borussia schnupperte am Auswärtssieg bei Inter Mailand

Für einen kurzen Moment sah es so aus, als ob Borussia Mönchengladbach beim Comeback in der Champions League gleich ein Coup gelingen sollte. Doch am Ende steht ein 2:2, mit dem die Borussen gut leben können. Denn auch in Mailand gab es noch viel Luft nach oben, wie die Einzelkritik belegt.

Yann Sommer: Stand nicht wirklich viel unter Beschuss, was er der aufmerksamen Arbeit der Vorderleute verdankte. Im ersten Durchgang pflückte Sommer eine Flanke und hielt einen Freistoß von Eriksen aus der Distanz sicher fest. Als mitspielender Keeper war der Schweizer auf der Höhe, seine Weiterleitungen waren präzise. Beim ersten Gegentor kurz nach der Pause war er machtlos, später beim Pfostenschuss von Martinez hatte er das Glück des Tüchtigen. Kurz vor dem Ausgleich lenkte Sommer einen Kopfball von Darmian mit gutem Reflex über den Querbalken. Beim zweiten Gegentor sah er zumindest nicht glücklich aus. Der 31-jährige blieb, wie bei einer weiteren Ecke zuvor, auf der Linie und machte sogar noch einen halben Schritt zurück, als der Ball durchrutschte. Die Reaktionszeit war extrem kurz, aber der Ball flog halt durch den Fünfmeterraum – und der ist eigentlich das Hoheitsgebiet eines Torhüters. Note 3,0.

Stefan Lainer: Wie gewohnt war der Rechtsverteidiger mit viel Elan und Einsatz unterwegs. Er versuchte, in der Anfangsphase mit anzuschieben, doch es blieb zumeist beim Versuch. Eine Flanke zog der Österreicher etwas zu weit vors Tor. In der Defensive überraschte Lainer mit einem ungewohnt passiven Zweikampfverhalten. Mehrfach begleitete er Perisic nur und ließ den Kroaten einige Male (zu) einfach flanken. So begann auch die wilde Aktion im Gladbacher Strafraum vor dem 0:1 mit einer Hereingabe von Perisic, bei der Lainer nicht energisch genug störte, obwohl er am Mann war. Note 3,5.

Matthias Ginter: Hellwach über die gesamte Spielzeit, hatte er einige knifflige Duelle zu bestreiten. Zu Beginn klärte er gut gegen Sanchez und im weiteren Verlauf griff er mehrere Male klärend ein – sowohl am Boden, als auch in der Luft. Nach der Pause blockte Ginter in einer Situation gut gegen Lukaku, stand dann aber bei der Hereingabe vor dem 0:1 nicht optimal und konnte Martinez nicht am Kopfball hindern. Das gemeinsame Verteidigen mit Elvedi gegen Lukaku passte – mehr Probleme bereiteten Ginter die Duelle mit Martinez. Dessen Pfostenschuss konnte Ginter nicht unterbinden und in der Nachspielzeit holte Martinez noch einen Freistoß in brandgefährlicher Position heraus, als Ginter etwas ungeschickt zu Werke ging. Note 2,5.about:blank

Nico Elvedi: Begann mit einem guten Block an der Mittellinie gegen Lukaku und rückte auch in der Folgezeit mehrfach erfolgreich raus, um den Belgier schon bei der Ballannahme zu stellen. Lukaku kann man allerdings nicht komplett kaltstellen – vor allem die hohen Anspiele, die er mit Rücken zum Tor und Gegenspieler verarbeitet und dabei seinen Körper einsetzt, sind kaum zu verteidigen. Doch Elvedi machte es gut, auch im Kopfballduell – u.a. wichtig nach einer Ecke im eigenen Fünfmeterraum – hielt er Lukaku in Schach. Im ersten Durchgang kam Lukaku zu einer gefährlichen Abschlusssituation, als der Ball knapp am langen Pfosten vorbei strich und Elvedi nicht mehr rechtzeitig hinkam. Beim ersten Gegentor kam der Schweizer die entscheidende halbe Sekunde zu spät – einen wirklichen Vorwurf kann man ihm nicht machen. Das gilt auch für die Situation beim Ausgleich, als sich Lukaku mit Wucht und Geschick aus der Umklammerung löste. Allerdings war das Tor kaum abzuwenden, als der Ball zum zweiten Pfosten durchgekommen war. Note 2,5.

Ramy Bensebaini: Ein sehr intensives Spiel des Linksverteidigers, der vieles in hohem Tempo erledigte und teilweise zwischen Genie und Wahnsinn pendelte. So zeigte er Ruhe und Übersicht bei einer Kopfballrückgabe auf Sommer, rettete zwei-, dreimal mit energischen Grätschen oder spielte geradlinige und harte Pässe. Auf der anderen Seite leistete er sich auch einen krassen Fehlpass in die Füße von Sanchez und den einen oder anderen überhasteten Pass im Aufbau. Der Algerier teilte ordentlich aus, musste seinerseits aber auch einiges einstecken. Den Strafstoß gegen den als Elfmeterkiller gefürchteten Handanovič verwandelte er perfekt. Etwas weniger Schärfe und Präzision und der Torwart wäre dran gewesen. Note 3,0.

Christoph Kramer: Startete schwungvoll in die Partie, hatte gleich eine aufmerksame Balleroberung zu verzeichnen und sorgte für eine zügige Spielfortsetzung. Im weiteren Verlauf stand Borussia etwas tiefer und Kramer war hauptsächlich damit beschäftigt, im Mittelfeld die Lücken zu schließen. Das machte er mit dem von ihm gewohnten Fleiß und läuferischen Aufwand. Spielerisch konnte er, bis auf ein paar kurze Weiterleitungen, keine Akzente setzen. Hinten rettete er ein paar Meter vor dem Tor bei einem Abschluss von Eriksen und auch in zwei, drei anderen Situationen bekam er erfolgreich seine Beine dazwischen. Pech hatte Kramer beim Führungstreffer der Italiener, als er Darmian nicht mehr entscheidend stören konnte, sondern den Ball so abfälschte, dass dieser Lukaku perfekt vor die Füße fiel. Note 3,0.

Florian Neuhaus: Auch Neuhaus begann mit einer forschen Balleroberung und legte den Vorwärtsgang ein. Doch alsbald sah er sich gemeinsam mit dem Kollegen Kramer in der Rolle des Staubsaugers vor der Abwehr eingespannt. Nicht immer konnten alle Lücken geschlossen werden – Inter fand insbesondere nach Weiterleitungen mehrfach viel Platz im zentralen Bereich vor. Neuhaus machte weite Wege und versuchte bei Ballbesitz, schnelle Pässe zu spielen. Dabei fehlte es jedoch des Öfteren an Präzision. Hier und da ließ er sich auch etwas zu viel Zeit, was u.a. Vidal ausnutzte – Neuhaus konnte sich nur mit einem Foul behelfen. Gelungen dagegen ein schöner Pass nach einer guten halben Stunde auf Hofmann, doch auch dieser Angriff verpuffte letztlich. Das Highlight des Spiels war dann ganz sicher der unglaubliche Pass von Neuhaus auf Hofmann zum Gladbacher Führungstreffer, für dessen Beschreibung man viele Superlative bemühen kann. Das war wirklich ein Geniestreich. Note 3,0.

Jonas Hofmann: Spielte wieder auf der rechten Seite, kam jedoch im ersten Durchgang nicht wirklich auf Touren. Zwar legte er wie gewohnt weite Strecken zurück, doch bei Ballbesitz agierte er teilweise übervorsichtig und wählte mehrfach den Weg zurück, als es eigentlich andere Optionen gab. Nach einer halben Stunde tauchte Hofmann nach Neuhaus-Pass auf rechts gefährlich auf, seine Hereingabe erreichte Plea nicht. Kurz vor dem Halbzeitpfiff verpasste er den Ball im Anschluss an die beste Kombination des ersten Durchgangs nach Embolo-Vorarbeit im Strafraum knapp. Im zweiten Abschnitt ließ er sich zeitweise fallen und rückte er mehr ins Zentrum, wodurch die Räume für Eriksen & Co weniger wurden. Gleichzeitig hatte Hofmann aus der tieferen Position heraus mehr Spielanteile, was auch ein Grund dafür war, dass Borussia in der zweiten Halbzeit gefälliger nach vorne spielte. So trieb Hofmann in einer Situation den Ball gut bis an den gegnerischen Strafraum – Pleas Abschluss wurde zur Ecke geblockt. Cool und abgezockt blieb Hofmann bei seinem Tor, als er zunächst beim Neuhaus-Pass hervorragend antizipierte und dann durch die Beine des Keepers traf. Note 3,0.

Breel Embolo: Bekam in zentraler Rolle den Vorzug vor Lars Stindl, um vor allem Wucht und Dynamik zu entfalten. Das funktionierte – bei allem Einsatzwillen des Schweizers – nur in Ansätzen. Er konnte nur wenig Bälle sichern und war auch keine treibende Kraft bei den zaghaften Gladbacher Versuchen, ein Kombinationsspiel aufzuziehen. Glück hatte Embolo, dass er um eine Gelbe Karte herum kam, als er mit voller Wucht in seinen Gegenspieler rannte. Er ging keinem Duell aus dem Weg und musste dabei einiges einstecken. Embolo wäre gut beraten, nicht immer so hinzugehen, als gäbe es kein Morgen. Seine beste Aktion hatte er kurz vor der Pause, als er den Ball nach einer der wenigen gelungenen Angriffe scharf von links in den Strafraum spielte, wo Hofmann knapp verpasste. In der zweiten Halbzeit ging Embolo nach Plea-Flanke ungeschickt in ein Luftduell. Eine Viertelstunde vor dem Ende wurde er von Herrmann abgelöst. Note 4,5.

Marcus Thuram: Bekam von Beginn an die kompromisslose Gangart der Gegenspieler zu spüren, die Thurams Körperlichkeit im Zweikampf trotzten. So rieb sich der Franzose in vielen Duellen auf, ohne sich jedoch entscheidend durchsetzen zu können. Das gelang erstmals so richtig kurz vor dem Halbzeitpfiff, als er sich auf der linken Seite stark behauptete und Embolo einsetzte. Schon kurz nach Wiederanpfiff wirkte Thuram müde, aber das täuschte. Jedenfalls entwickelte er plötzlich die Spritzigkeit, die notwendig war, um im Strafraum den entscheidenden Haken zu schlagen, der Vidal zum Foulspiel nötigte. Im dritten Spiel in Folge erarbeitete sich Thuram einen Elfmeter – auch das ist ein Zeichen von Qualität. Im Anschluss an die Einwechslung von Herrmann rückte Thuram in die Mitte. Nach hinten raus war Thuram dann wirklich platt und bei einer körperlich etwas größer besetzten Bank wäre er vielleicht früher als in der Nachspielzeit ausgewechselt worden. So sah er beim Eckball zum Ausgleich von Inter nicht gut aus, weil er am ersten Pfosten die Kopfballweiterleitung nicht verhindern konnte. Note 4,0.

Alassane Plea: Nach seiner Baby-Pause gegen Wolfsburg als nominell zentraler Angreifer in der Startelf. Leider war der Franzose überhaupt kein Faktor. Er wirkte ungewohnt unkonzentriert, leistete sich mehrere technische Fehler bei der Ballannahme und spielte einige schlampige Pässe. Nach einer guten halben Stunde verpasste er eine Möglichkeit, weil er den falschen Laufweg wählte. Nach der Pause begann er mit einer schlechten Ballannahme, dann brachte er jedoch von rechts eine gute Flanke in Richtung Embolo. Plea wurde nun etwas aktiver, war u.a. am Angriff vor der Elfmetersituation involviert und kam danach besser in Tritt. Nach Vorarbeit von Hofmann wurde ein Schuss von Plea zur Ecke geblockt. In der 90. Minute machte er Platz für Stindl. Note 4,5.

Patrick Herrmann: Löste Embolo nach 74 Minuten ab und sortierte sich auf der linken Seite ein, während Thuram in die Mitte rückte. Herrmann konnte nicht sonderlich auf sich aufmerksam machen. Beim Ausgleichstor von Inter stand er bei der Ecke mit am kurzen Pfosten, konnte die Kopfballverlängerung jedoch auch nicht verhindern. Ohne Note.

Lars Stindl: Kam erst in der 90. Minute und kaum stand er auf dem Platz, fiel der Ausgleich. In der Nachspielzeit versuchte Stindl, sich zu zeigen, aber es war nur der Rückwärtsgang angesagt. Ohne Note.

Hannes Wolf: Wurde weit in der Nachspielzeit für Thuram eingewechselt. Eine ordentliche Klärungsaktion war zu notieren, für mehr war keine Zeit. Ohne Note.